„Diese Wirtschaft
tötet“: So lauten die drei wohl bekanntesten Worte aus ‚Evangelii Gaudium’, dem Apostolischen
Schreiben, das Papst Franziskus vor einem Jahr veröffentlicht hat. An diesem Freitag,
als er im Vatikan einen Weltkongress von Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern empfing,
hat er seinen Satz von der tödlichen Wirtschaft nicht wiederholt – aber er nutzte
doch die Gelegenheit, um ihnen darzulegen, was aus seiner Sicht im wirtschaftlichen
Leben der westlichen Gesellschaften derzeit besonders dringend ist.
„Der
derzeitige sozioökonomische Rahmen wirft vor allem die Frage nach Arbeitsplätzen auf.
Von Ihrer Warte her können Sie die dramatische Realität so vieler Menschen erkennen,
die einen prekären Arbeitsplatz haben oder gar keinen mehr; so vieler Familien, die
dafür die Zeche zahlen; so vieler junger Leute, die verzweifelt nach einer Erstanstellung
suchen. Viele, vor allem Einwanderer, sind zu Schwarzarbeit gezwungen, ohne dass sie
auch nur die grundlegendsten juridischen und wirtschaftlichen Rechte hätten.“ „Menschenwürde
ist wichtiger als bürokratische Korrektheit“
Diese Umstände verführten
leicht dazu, zunächst einmal „das eigene Interesse zu verteidigen, ohne sich groß
ums Gemeinwohl zu scheren, um Gerechtigkeit oder Legalität“, so der Papst. Umso wichtiger
sei es, dass Menschen, „deren Arbeit etwas mit dem guten Funktionieren der Wirtschaft
eines Landes zu tun hat“, eine „positive, konstruktive Rolle“ spielen. Sie sollten
wissen, „dass hinter jeder Akte eine Geschichte und ein Gesicht steht“. Gerade die
Christen unter den Wirtschaftsprüfern und Steuerberatern dürften sich nicht nur aufs
korrekte Arbeiten beschränkten, sondern müssten „darüber hinausgehen“, „also den Menschen
in Schwierigkeiten entgegengehen; kreativ werden, um blockierte Situationen zu lösen;
die Menschenwürde höher zu werten als die bürokratische Korrektheit“.
„Wirtschaft
und Finanzen sind Dimensionen menschlichen Wirkens und können Gelegenheit zu Begegnungen
werden, zum Dialog, zu Kooperation, zum Anerkennen von Rechten und zu Diensten, zu
einer Würde, die sich in der Arbeit ausdrückt. Aber dafür muss immer der Mensch mit
seiner Würde im Zentrum stehen. Man muss sich also gegen Dynamiken sperren, die dazu
tendieren, dass alles vereinheitlicht wird und das das Geld oben an der Spitze steht.
Wenn das Geld Endzweck und Grund jeder Aktivität und Initiative wird, dann gewinnen
eine utilitaristische Optik und die wilde Logik des Profits die Oberhand – und das
Nachsehen hat der Respekt vor den Menschen, was zu einem Verblassen von Werten wie
Solidarität führt. Wer im Wirtschafts- und Finanzbereich arbeitet, soll es so tun,
dass der soziale und wirtschaftliche Wohlstand aller Menschen gefördert wird und dass
alle die Gelegenheit bekommen, sich zu entwickeln.“
Es reiche nicht,
„konkrete Antworten auf wirtschaftliche oder materielle Fragen zu geben“: Verlangt
sei eine „Ethik von Wirtschaft, Finanz und Arbeit“. Wer kommenden Generationen eine
bessere Umwelt, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft übergeben wolle, der müsse aktiv
für eine „Globalisierung der Solidarität“ einstehen. Solidarität und Subsidiarität
seien darin die wichtigsten Prinzipien; wer von ihnen ausgehe, der diene dem Menschen.