Der bayerische Landesbischof
Heinrich Bedford-Strohm ist am Dienstag zum neuen Ratsvorsitzenden der Evangelischen
Kirche Deutschlands gewählt worden. Damit sind die Spitzenmänner der beiden großen
christlichen Kirchen Deutschlands in München ansässig. Denn der Erzbischof von München
und Freising, Kardinal Reinhard Marx, ist seit dem Frühjahr der Vorsitzende der -
katholischen - Deutschen Bischofskonferenz.
Glückwünsche von Marx
Marx
gehörte denn auch zu den ersten Gratulanten: Er sei zuversichtlich, dass „auch das
gute ökumenische Miteinander seinen Fortgang findet“, heißt es in seinem Schreiben
an Bedford-Strohm. Das gelte auch für das gemeinsame Bestreben, „das Reformationsgedenken
2017 als geschichtliches Moment beider Kirchen in Deutschland zu sehen“. Wie aus ihrem
Umfeld zu hören ist, pflegen die Kirchenmänner einen unkomplizierten Umgang: Man lädt
einander zum Essen ein und greift frühzeitig zum Telefon, wenn es notwendig ist.
Papst
als Bündnispartner
In der der Wochenzeitung „Die Zeit“ (Donnerstag-Ausgabe)
sagte er, er sehe die katholische Kirche und insbesondere Papst Franziskus als Bündnispartner:
„Es gibt keinen römisch-katholischen, evangelischen oder orthodoxen Jesus Christus,
sondern nur den einen Herrn“, so der Ratsvorsitzende. „Deshalb muss die Einheit der
Kirche für jeden Christenmenschen Herzenssehnsucht sein.“ Zum Papst selbst sagte er:
„Ich hatte mich über seine Wahl und den Namen Franziskus riesig gefreut. Seinen scharfen
Satz 'Diese Wirtschaft tötet!' finde ich als Kritik an den Auswüchsen eines ungezügelten
Kapitalismus richtig.“
Mit Blick auf das Reformationsgedenkjahr 2017 forderte
der Ratsvorsitzende, die Trennung der Kirchen zu überwinden: „Ich spreche gern von
'der Kirche', denn es gibt nur die eine heilige, katholische und apostolische Kirche,
die uns alle verbindet.“ Das habe konkrete Konsequenzen: „Wir sollten gemeinsam Gottesdienst
feiern und geistliche Gemeinschaft haben.“ Bedford-Strohm kündigte konkrete Fortschritte
in der Ökumene an: „Mein Ziel ist, 2017 mit den katholischen Schwestern und Brüdern
zusammen zu feiern.“
Frohe Botschaft für digitale Welt
Der
neue Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche will vor allem das Schwerpunktthema
„Kommunikation des Evangeliums in der digitalen Gesellschaft“ umsetzen. Das kündigte
Bedford-Strohm in einem Statement an, dass die EKD auf ihrer Homepage stellte.
„Die
Menschen bewegen sich heute im Netz mit einem erheblichen Teil ihrer Lebenszeit. Ich
möchte, dass wir als Kirche da präsent sind. Im Internet werden alle Fragen, die uns
existentiell bewegen – Fragen nach dem Sterben, Lebensquelle usw. – behandelt. Wir
haben eine ganz spannende Antwort in der Bibel auf all diese Fragen. Ich möchte deshalb,
dass wir diese Antworten ins Netz einbringen und in die Gespräche mitmischen. Wir
müssen als evangelische Kirche im Internet noch deutlicher präsent sein.“
Noch
vor der Wahl hatte der bayerische Landesbischof den Delegierten auf der Synode in
Dresden erklärt, er wolle der Vorbereitung des Reformationsjubiläums im Jahr 2017
besondere Aufmerksamkeit widmen. Bedford-Strohm würdigte den scheidenden Ratsvorsitzenden
Nikolaus Schneider, der wegen der Krebserkrankung seiner Frau vorzeitig zurückgetreten
ist.
„Es ist ein Jahr her, dass ich bei der Synode in Düsseldorf als Kandidat
vor Ihnen stand. Dass ich ein Jahr später hier in Dresden erneut eine Kandidatur zu
vertreten habe, das war weder in meinem Horizont noch im Horizont irgendeines Mitglieds
der EKD. Das ist das Ergebnis von Entwicklungen, die nicht planbar sind.“
Gegen
Suizidbeihilfe
Und in der Debatte um Sterbehilfe fordert der neue Ratsvorsitzende
der Evangelischen Kirche in Deutschland eine Stärkung der Palliativmedizin. Es müsse
verhindert werden, dass Tötung auf Verlangen und Beihilfe zur Selbsttötung zu einer
normalen Alternative würden, sagte er der Wochenzeitung „Die Zeit“ in der Donnerstag-Ausgabe.
„Tötung auf Verlangen ist unnötig, wenn wir die Palliativmedizin ausweiten und Sterbende
besser begleiten“, fügte der bayerische evangelische Landesbischof hinzu. Er sprach
sich zugleich für ein Verbot der organisierten und erst recht der kommerziellen Beihilfe
zum Suizid aus.