2014-11-12 14:25:52

Kardinal Schönborn im Libanon: Hoffnung nicht aufgeben


RealAudioMP3 Zu mehr Solidarität mit dem Libanon hat Kardinal Christoph Schönborn die Staatengemeinschaft und die Weltkirche aufgerufen. Die derzeitige prekäre Lage des Libanon dürfe nicht hingenommen und Hoffnung auf Besserung nicht aufgegeben werden, betonte der Kardinal im Rahmen eines zweitägigen Besuchs in dem Land im Interview mit Kathpress. Die zahlreichen Syrien- und Irakflüchtlinge, die im Libanon Schutz fanden, stellen das Land vor große Herausforderungen.

„Es gibt immer Hoffnung“, so der Wiener Erzbischof, der die Bewohner des Libanon als Zeugen der „Kraft der Hoffnung“ beschrieb. Der extrem prekären Lage begegneten die Libanesen mit einer großen Selbstverständlichkeit, indem sie versuchten, mit einer „schier unlösbaren Problematik“ gut umzugehen, so Schönborn. Im Libanon sei heute „fast jeder zweite ein Flüchtling“, was etwa so sei, „als würde Österreich drei Millionen Flüchtlinge aufnehmen“, verdeutlichte Schönborn. Noch dazu komme, dass der Libanon selbst zwei Jahrzehnte Bürgerkrieg hinter sich habe und nach einer Phase des Wiederaufbaus in der regionalen Krise mit Arbeitslosigkeit und Rezession konfrontiert sei.

Der Besuch in einem Caritas-Flüchtlingszentrum vor Ort habe ihm die „unglaublich komplexe, schwierige und vielgestaltige Situation“ der Flüchtlinge gezeigt, so der Wiener Erzbischof weiter. Er verwies hier u.a. auf die zuvor in den Kriegsländern lebenden Arbeitsmigranten aus Ostasien mit „schweren Lebensschicksalen“, die neben Syrern und Irakern hier anzutreffen seien.

Vorbildhaftes Zusammenrücken

Die Not des Bürgerkriegs und die Flüchtlingswelle hätten die Christen der verschiedenen christlichen Konfessionen sowie auch katholischen Riten im Libanon eindeutig zusammengebracht, stellte der Wiener Erzbischof fest. Bei seiner Teilnahme an einer Konferenz der katholischen Patriarchen und Bischöfe des Landes habe ihn die Selbstverständlichkeit der Zusammenarbeit verschiedener Gruppen - darunter Maroniten, Melkiten, Vertreter des Lateinischen Ritus und Ordensleute - beeindruckt. „Die Not hat sie zusammengebracht und ein wirkliches Miteinander aller Christen geschaffen. Das können wir lernen“, sagte Schönborn.

Als „Lehrbeispiel“ bezeichnete der Kardinal weiter das Zusammenleben von Christen und Muslimen. Der Libanon habe hier eine „jahrhundertelange Erfahrung - zwar mitunter eine schmerzliche, aber eine bewährte“. Schönborn betonte, neben dem Gebet brauche der Libanon auch unmittelbare Hilfe sowie ein Pochen auf Verbesserungen in der gesamten Region seitens der Politik. Herausforderung für die Christen sei es, „daran zu erinnern, dass diese Situation so nicht tolerabel ist, dass die Vereinten Nationen und die Großmächte hier ihre Verantwortung wahrnehmen“.

Islam steht Lernprozess bevor

Die Gespräche mit libanesischen Politikern hätten ihm die „große Hoffnung auf eine säkulare Verfassung in den Ländern des sogenannten Arabischen Frühlings“ aufgezeigt, so der Erzbischof weiter. Damit dies wie in Tunesien gelingen könne, müssten freilich alle beteiligten Religionsgemeinschaften auf den Anspruch politischer Alleinbestimmung verzichten und sich als ein Element in einem religiös pluralen Staat einfügen. Für ein „echtes Miteinander statt nur geduldetes Nebeneinander“ habe das Christentum in intensiven Auseinandersetzungen vergangener Jahrhunderte Wege gefunden. Für den Islam stehe dies noch aus, „wenn er nicht mit den inneren Widersprüchen ungeheure Konflikte auslösen soll wie wir sie im Moment erleben“, so der Kardinal. Ein moderner Staat könne in einer pluralen Welt nicht völlig von einer einzigen Religion bestimmt werden. Schönborn: „Der Staat muss plural sein, um den Religionen und auch denen, die keine Religion haben, genügend Lebensraum zu geben.“

Schönborn war von Sonntag bis Dienstag in den Libanon gereist, wo er an einer von der maronitischen Kirche veranstalteten, hochkarätig besetzten Konferenz in Bkerke bei Beirut teilnahm. Zum Besuchsprogramm gehörten auch Begegnungen mit Flüchtlingen, Kirchenvertretern und Politikern.

(kap 12.11.2014 mg)








All the contents on this site are copyrighted ©.