Kardinal Marx: „Papst will weiterführende Impulse“
„Der Heilige
Vater hat nicht eingeladen für zwei Synoden, um am Ende zu hören: Wir können eigentlich
nur das wiederholen, was wir immer gesagt haben.“
Das hat Kardinal Reinhard
Marx an diesem Freitag vor der Presse in Rom unterstrichen. Die Weltbischofssynode
wolle durchaus neue Akzente setzen im Feld der Ehe- und Familienpastoral, so der Münchner
Erzbischof:
„Ich glaube, es ist ein Impuls, er erwartet von uns einen Impuls.
Nicht Veränderungen in der Lehre, das ist ja ein anderes Thema – aber er erwartet
von uns Impulse, die weiterführend sind, die voranschreiten, die Türen öffnen, die
Möglichkeiten aufzeigen, das Evangelium von der Familie noch deutlicher, noch intensiver
zu verkünden, auch im Gespräch mit den Menschen. Nicht nur, indem wir uns selber zitieren,
sondern indem wir im Gespräch sind mit dem, was Menschen bewegt und was in der Welt
so vielfältig da ist, wie wir das in diesen Tagen gehört haben.“
Dementsprechend
erwarte er sich auch vom Abschlussdokument der Synode „Impulse für eine weiterführende
Pastoral im Bereich der Familie“, so Kardinal Marx.
„Eine Grundthematik
wird bleiben: Wie können wir die Lehre der Kirche und die pastorale Situation zusammen
bringen? Wie können wir die Verantwortung der Weltkirche und der Ortskirchen in ein
gutes Verhältnis bringen? Das werden Themen sein, die uns in nächsten Monaten weiter
beschäftigen.“
Die divergierenden Diskussionen der Synodenväter nach Vorstellung
des Synoden-Zwischenberichtes hängt Kardinal Marx nicht allzu hoch. Ein „Wille zur
Einheit“ unter den Synodalen sei spürbar. Und schließlich liege es in der Natur der
„relatio post disceptationem“, dass sie „Dinge vorantreiben“ und „auch in gewisser
Weise zuspitzen“ müsse. Dieser Auftrag sei „gut wahrgenommen“ worden, lobte der Kardinal.
Auch die „heftigen Diskussionen“ in den Kleingruppen bewertete der deutsche Kurienkardinal
als „sehr, sehr positiv“. Fest hielt Kardinal an seiner positiven Überzeugung der
Veröffentlichungspraxis während der Synode. Nicht alle Synodenväter waren voll damit
einverstanden gewesen. Kardinal Marx wandte sich an die Journalisten:
„Es
ist gut, dass all das veröffentlicht wird und Sie in gewisser Weise, nicht in jedem
Schritt, aber doch teilnehmen können an dem Gespräch, an der Diskussion.“
Insgesamt
beschrieb der Kardinal die sich dem Ende neigende Synode als „ereignisreich“, „spannend“
und konstruktiv:
„Auf und ab, Erwartungen, Widerspruch… All das haben wir
erlebt, wie es eigentlich für eine richtige Synode auch in Ordnung ist. Und deshalb
schauen wir auch mit einer gewissen Erwartung auf das, was morgen passiert - wie wir
das Abschlussdokument dann auf den Weg bringen können. Sie wissen ja: Hier geht es
nicht um einen Abschluss, sondern darum, wie die Spannung gehalten wird bis zur nächsten
Synode, wie die Diskussion in den Bistümern, in den jeweiligen Ländern weitergehen
wird, wie also dann die Synode in einem synodalen Prozess im Oktober nächsten Jahres
dann fortgeführt wird.“
Vom Abschlussdokument erwarte er sich nun einen
„konkreten Auftrag“ und „konkrete Aufgaben“ an die Synodalen, ergänzte der Kardinal.
„Exklusion ist nicht die Sprache der Kirche“
Über
die Frage einer möglichen Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zur Kommunion
sei man „im Gespräch“, so Marx auf die Frage von Journalisten. Als einen Auslöser
dafür nannte Marx Kardinal Kaspers Vortrag beim Konsistorium vom Februar über einen
barmherzigen Umgang mit solchen Gläubigen. Bei der laufenden Synode gehe es allerdings
nicht um konkrete „Vorschläge“ dazu, präzisierte der Münchner Erzbischof bei der Pressekonferenz
am Freitag im Vatikan. Auch wenn in der Deutschen Bischofskonferenz schon vor der
Synode „lang und breit“ darüber diskutiert worden sei, merkte er an:
„Weil
eine große, große Zahl der engagierten Katholiken in unserem Land diese Fragen stellt.
Wir können uns als Bischöfe ja nicht unsere Gläubigen aussuchen, sondern sie sind
da. Und es geht hier um die engagierten praktizierenden Katholiken. Und das Thema
ist in Deutschland ein großes wichtiges Thema, für Menschen, die selbst betroffen
sind oder die in ihren Pfarreien die Diskussion haben.“
Darüber hätten
die deutschen Bischöfe in einen „größeren Gesprächsprozess“ kommen wollen, so der
Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. In Rom sehe er freilich auch, „dass viele
anderer Meinung sind“. „Und wie der Papst denkt, kann ich noch nicht sagen, das müssen
wir abwarten. Aber er möchte eine Diskussion.“ Marx warnte zugleich vor einer Verengung
nur auf dieses Thema.
Mit Blick auf „irreguläre Situationen“ im Bereich der
Familie – „Situationen, die nicht in das ganz klare Schema der sakramentalen Ehe passen,
aber doch nicht ganz ohne Wert sind“ – wünscht sich Marx – und das sei seine „persönliche
Überzeugung“ – „eine andere Sprache“ jenseits „von Schwarz und Weiß“ und „Alles oder
Nichts“:
„Die Situation der Menschen ist schwieriger. Und so interpretiere
ich auch den Papst, wenn ich Evangelii gaudium lese. Ich muss es so interpretieren.“
In
ähnlicher Weise plädierte der Kardinal im Umgang der Kirche mit homosexuellen Paaren
für einen differenzierten Blick in Bewertung und Pastoral – unter Berücksichtigung
der gültigen kirchlichen Lehre zu diesem Thema.
Kein Thema sei „so stark in
die jeweilige Kultur und Gesellschaft hinein inkarniert wie das der Ehe, Familie und
Sexualität“, gab er auf eine Frage nach den divergierenden Ansichten der Synodenväter
zu bedenken. Dementsprechend schwer sei es, hier eine „gemeinsame Sprache“ zu finden,
so der Kardinal. Was die Kirche hier versuche, käme einem „soziologischen Abenteuer“
gleich. An Fragen zum kirchlichen Umgang mit Homosexuellen schieden sich laut Marx
die Geister der Synodenväter über Kontinente und Ländergrenzen hinweg:
„Es
ist nicht so, als könnte man sagen, aha, die Afrikaner sehen das so und die Europäer
sehen das so innerhalb dieser Gesellschaften. So war es in unserer Arbeitsgruppe,
und auch bei den Asiaten – es gibt auch Koalitionen durcheinander, nicht nur einfach
nach Kontinenten, sondern auch nach Personen und ihren persönlichen Erfahrungen (im
Umgang damit, Anm. d. Red.).“
Grundsätzlich hielt der Kardinal fest: „Exklusion
ist nicht die Sprache der Kirche.“