Eheannullierungen: Schnellere und besser zugängliche Verfahren
Viele Synodenväter
wären nach Vatikanangaben mit einer Beschleunigung und Vereinfachung der Verfahren
zur Eheannullierung einverstanden. Die schnellere Nichtigkeitserklärung einer kirchlich
geschlossenen Ehe bedeute jedoch keine „Scheidung auf katholisch“, präzisierte Vatikansprecher
Pater Federico Lombardi am Donnerstag vor der Presse. Am Mikrofon von Radio Vatikan
erläutert Kardinal Raymond Leo Burke, Präfekt der Apostolischen Signatur, die möglichen
Gründe einer Eheannullierung:
„Ein Paar vereint sich in der Ehe, und es
besteht immer die Möglichkeit, dass der eine oder die andere der Eheleute den Konsens
verletzt, wenn er willentlich einige Wesensmerkmale für die Gültigkeit der Ehe ausschließt:
die Treue, die Unauflöslichkeit oder die Zeugung von Nachkommen. Dies sind einige
Gründe für die Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe. Der (entsprechende kirchenrechtliche,
Anm.) Prozess hat alle Elemente dazu, mit moralischer Sicherheit die Wahrheit herauszufinden,
und wenn eine Person gut vorbereitet ist, dauert er nicht lang und widerspricht nicht
der Pastoral.“
Ein Vorschlag, der im Raum steht, um den Ehenichtigkeitsprozess
zu beschleunigen, ist die Abschaffung der zweiten Urteilsinstanz - des „secondo grado
di giudizio“ - im Verfahren. Diese ist heute notwendig, um eine Annullierung zu erreichen.
Der Präfekt des höchsten Gerichtes der römischen Kurie hält von dieser denkbaren Verschlankung
selbst nicht allzu viel:
„Ich bin nicht dafür, denn bei einer so wichtigen
Sache, der Frage der Gültigkeit einer Ehe, will die Kirche, dass ein erstes Urteil
durch eines auf zweiter Instanz gestützt wird.“
Für Kardinal Odilo Scherer,
den Erzbischof von Sao Paulo in Brasilien, könnte man die Informationspolitik über
das Verfahren und seine Anwendung noch erheblich verbessern. Er sieht in der Pastoral
durchaus Handlungsbedarf:
„Was vielleicht fehlt, ist die reale Möglichkeit
des Zugangs zu den Gerichten, zur kirchenrechtlichen Unterstützung der Menschen. Viele
denken immer noch, dass es keine Möglichkeit gibt, eine Nichtigkeitserklärung zu bekommen.
Oder es herrscht Verwirrung darüber, ob ,Nichtigkeit‘ dasselbe ist wie ,Scheidung‘.
Es fehlt die pastorale Machbarkeit. Und darauf müssen wir bestehen: den kirchenrechtlichen
Dienst pastoraler zu machen, um Paaren zu helfen, die das Recht auf ein kirchliches
Urteil über ihre Situation haben.“
Kardinal Scherer ist hoffnungsvoll,
dass es in diese Richtung konkrete Schritte geben wird.
„Ich glaube ja
– der Heilige Vater hat eine Kommission ernannt, um eine schlankere Form des kanonischen
Prozesses zur Anerkennung der Ehenichtigkeit zu studieren.“
Voraussetzungen
für die Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe sind laut Kirchenrecht Konsensmangel
der Partner, wie es etwa bei Scheinehen der Fall ist. Weitere Gründe für eine Nichtigkeitserklärung
können so genannte Ehehindernisse sein, etwa wenn enge Verwandte heiraten oder zum
Zeitpunkt der Eheschließung Beischlafunfähigkeit besteht. Auch Formfehler bei der
Eheschließung, etwa wenn die Ehe nicht nach der vorgesehenen katholischen Form geschlossen
wurde, können die Annullierung der Ehe nach sich ziehen.
Im kirchenrechtlichen
Verfahren müssen diese möglichen Gründe bewiesen werden, um die Ehe – im Nachhinein
– für nichtig erklären zu können. Es handelt sich damit um keine Eheauflösung, sondern
den Beweis, dass die Verbindung nach kirchlichem Verständnis nie als „Ehe“ bestanden
hat.
„Top-Themen“ der Synoden-Wortmeldungen
Die Praxis
der Eheannullierung gehört laut Angaben unseres Synoden-Berichterstatters P. Bernd
Hagenkord zu den am meisten erwähnten Fragen bei der laufenden Generalversammlung
der Bischofssynode. Weitere „Top-Themen“ seien der Umgang mit wiederverheirateten
Geschiedenen und die Frage der Polygamie. Die Vielehe ist vor allem in Afrika ein
Thema.
(rv 10.10.2014 pr)
Unser Bild zeigt Kardinal Scherer
bei einer Wortmeldung auf der Bischofssynode im Vatikan.