2014-10-08 14:17:35

Vatikan: Gegen den „Islamischen Staat“ braucht es interreligiöse Allianzen


Um den Terror des „Islamischen Staates“ (IS) im Nahen Osten einzudämmen, braucht es Allianzen zwischen Christen und Muslimen. Das hat der Ständige Beobachter des Heiligen Stuhles bei der UNO in Genf, Erzbischof Silvano Maria Tomasi, bekräftigt. Tomasi nahm in der vergangenen Woche an einer Krisensitzung im Vatikan zur Lage im Nahen Osten teil, zu der auch alle Nuntien der Region gekommen waren. Im Interview mit Radio Vatikan in Rom unterstreicht Tomasi, dass Gewalt im Einsatz gegen die Fundamentalisten das letzte Mittel bleiben müsse:

„Der Heilige Vater sagt, dass wir uns in die Richtung bewegen müssen, den Aggressor zu entwaffnen. Um dies zu tun, ist kein Krieg notwendig, sondern man kann vor allem Sanktionen nutzen, den fundamentalistischen Gruppen politische Unterstützung entziehen, nicht mit ihnen Handel betreiben und nicht ihr Erdöl kaufen, was ihnen Geld verschafft, mit dem sie Waffen kaufen können. Vor allem sollte man den Fluss von Waffen an diese Gruppen blockieren. Ein Gebrauch von Gewalt gegen den IS darf nicht noch ein größeres Übel als das schaffen, das man beheben will! Wir müssen mit viel Umsicht und Wachsamkeit vorgehen und nicht den Eindruck erwecken, es handle sich um einen Krieg, in dem Einzelinteressen verteidigt werden.“

Die Länder des Westens und die „Länder mit muslimischer Mehrheit“ im Nahen Osten müssten gemeinsam gegen den Terror vorgehen, so Erzbischof Tomasi. Auf das bestehende Bündnis gegen den IS unter Führung der USA, das bereits Einsätze gegen die Fundamentalisten durchgeführt hat, ging er dabei nicht explizit ein. Für die muslimische Welt sei jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich solidarisch zu zeigen mit den verfolgten Minderheiten und bedrängten Zivilisten in der Region, betonte der Vatikanvertreter:

„Es ist eine Gelegenheit für sie, zu zeigen, dass aus Sicht der islamischen Tradition Gewalt nicht durch Religion gerechtfertigt ist und dass es sich bei ihr um Missbrauch und fundamentalistische Sichtweisen handelt, bei denen es vor allem um Ermächtigung geht.“

Angesichts des Vormarschs der IS-Milizen auf die Kurdenbastion Kobane in Nordsyrien hat der UNO-Beauftragte für Syrien, Staffan De Mistura, die internationale Gemeinschaft zum Handeln aufgerufen. Die kurdische Seite rief derweil um Schutz und humanitäre Hilfen für die an der Grenze zur Türkei gelegene Stadt mit kurdischer Mehrheit.

Die aktuelle „Destabilisierung ganzer Länder“ und „Produktion“ von Millionen von Flüchtlingen und Vertriebenen in Syrien und im Irak stellten die internationale Gemeinschaft vor „neue Fragen“, fuhr Tomasi im Interview mit Radio Vatikan fort. Eine einfache Lösung gebe es dabei nicht, stellte er klar. Das geopolitische Gefüge in der Region sei mehr als delikat:

„Der Weg, um Lösungen zu finden, ist sehr komplex, denn die Art und Weise eines möglichen Eingriffes stößt auf die Komplexität der politischen Lage: Es gibt Söldner, es gibt regionale Wettkämpfe um die Herrschaft über die Region, es gibt globale Interessen großer internationaler Mächte, die unmittelbare Interessen im Nahen Osten haben.“

Wesentlich für die leidende und geflohene irakische und syrische Bevölkerung sei jetzt vor allem die humanitäre Hilfe, so Tomasi. Der Winter stehe vor der Tür – darauf müsse man umgehend reagieren.

(rv/diverse 08.10.2014 pr)








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