Erste Synodenberatungen über Barmherzigkeit, Respekt und Naturrecht
Die Versammlung
der Bischofssynode nimmt Fahrt auf: Ab Montagmittag sind die Synodenteilnehmer an
der Reihe, ihre Beiträge vorzutragen, sie haben jeweils vier Minuten und sind gehalten,
möglichst frei zu sprechen. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord, der den
Beratungen der Synode hinter verschlossenen Türen folgt, fasst einige Eindrücke von
Montagnachmittag und Dienstagmorgen für uns zusammen.
Das grundlegende
Kapitel des Willens Gottes für die Familie war das Thema des Montagnachmittages;
die Themen sind nach dem Vorbereitungsdokument geordnet, für jede Generalversammlung
gibt es einen neuen Schwerpunkt. Immer wieder wurde in dieser Auftakt-Session betont,
dass die Familie die Zelle der Gemeinschaft sei, der Gesellschaft, und damit auch
der christlichen Kirche. Ihr komme deswegen eine grundlegende Bedeutung zu. Deswegen
müsse sie auch in sozialen Zusammenhängen betrachtet werden, nicht als isolierte Größe.
Sie sei der privilegierte Ort, wo nicht Konsum und Nutzen, sondern allein menschliche
Beziehungen, Liebe und Hingabe zählten.
Worte und Zeugnisse
Mehrere
Teilnehmer sprachen davon, dass die Sprache der Kirche nicht mehr gehört werde, und
wenige würden ihre Ehe und Familie so beschreiben, wie die Kirche das tue. Um verstehbar
zu sein, müsse man zunächst einmal zuhören. Das Konzil habe das vorgemacht: ehrliches,
aber auch kritisches Hinhören. Wenn die Kirche der Welt nicht zuhöre, dann höre auch
die Welt der Kirche nicht zu. Sprache sei aber nicht alles, fügte ein weiterer Synodenvater
an: Wie Paul VI. es ausgedrückt habe, der moderne Mensch höre viel eher auf ein Zeugnis
denn auf Worte. Deswegen seien es auch vor allem die Familien selbst, die zeigten,
was eine christliche Familie sein könnte. Daneben brauche es eine verstärkte Katechese,
die weniger theologisch und mehr biblisch geprägt sei.
Einige Male genannt
wurden auch die Unterschiede zwischen der modernen Kultur mit ihrem Individualismus
und Säkularismus - keineswegs ein rein westliches Problem - und den Werten des Evangeliums.
Auf der einen Seite gelte es hier, die eigenen Werte hoch zu halten. Man müsse aber
auch in der modernen Kultur das Positive sehen, etwa die Würde von Mann und Frau,
die Ablehnung von Gewalt und den Respekt vor Kommunikation.
Ein wichtiger Begriff
war von Anfang an die Barmherzigkeit. Die Ehe bleibe ein unauflösliches Sakrament,
aber die Barmherzigkeit liefere einen Schlüssel, wie die Gebote zu verstehen seien,
sagte ein Teilnehmer. Es gehe nicht um eine Sammlung von Regeln, sondern um die Liebe
Christi, die sich zeige. Das gelte es mehr herauszustellen, auch in der pastoralen
Praxis.
Respekt
Ein Vorschlag lautete, nicht-sakramentalen
Ehen, also stabile nBeziehungen und anderen Formen des Zusammenlebens, mit mehr Respekt
zu begegnen. Wenn Treue und Liebe gelebt würden, dann sollte zunächst das Gute daran
wertgeschätzt werden. Außerdem brauche es eine vermehrte Wertschätzung der Sexualität
in der Ehe: Man spreche viel zu sehr über außerehelichen Geschlechtsverkehr.
Naturrecht
Der
Dienstagmorgen begann dann mit dem Gebet - der Terz - und der Erzählung eines
Ehepaares über ihre Erfahrungen in der Familienpastoral: Beides, Gebet und Erzählung,
brachten Fokus in die Beratungen.
Das erste Thema an diesem Dienstag war die
Frage nach dem Naturrecht: Es gehöre zum Glauben dazu, wenn der Glaube seine Verbindung
mit der Vernunft nicht aufgeben wolle. Naturrecht, darunter versteht man ganz allgemein
gesagt die Tatsache, dass aus der Schöpfung, unserer Natur, moralische Folgen entstehen.
Zum Beispiel daraus, dass der Mensch als Mann und Frau geschaffen ist. Die Vernunft
kann dem nachgehen, auch ohne den Glauben. Naturrecht bilde so eine Brücke zu Andersglaubenden
und Nichtglaubenden. Dieses Fundament war das Thema, um das die Beiträge dieses Morgens
kreisten.
Aber auch das ist nicht einfach eine theologische Größe, Familie
ist auch eine historische Größe, wie ein Teilnehmer sagte. Man dürfe sie in den Beratungen
nicht nur abstrakt betrachten. Ehe sei außerdem nicht nur die Eheschließung, wie das
Kirchenrecht und die Liturgie es nahelegten, sondern wenn sie Zeugnis sein wolle,
müsse man die gesamte Wirklichkeit sehen. Ehe sei ein Weg und kein Zustand.
Ein
wichtiger und oft genannter Punkt: Die Ehe-Vorbereitung. Für das Ordensleben oder
als Priester werde man lange vorbereitet, wenn die Ehe ein Sakrament sei, brauche
es hier neue Ideen und pastoralen Einsatz. Und: Wenn die Lehre der Kirche vom Leben
handle, dürfe Verkündigung nicht nur als Regeln wahrgenommen werden. Mehrfach also
die Aufforderung, die Sprache und vielleicht sogar den Fokus des Sprechens von der
Familie zu ändern.
Die meisten Wortmeldungen hielten sich an die vorbereiteten
Statements, Zeichen sorgfältiger Vorbereitung. Es wurde offen gesprochen, die Schwierigkeiten
für Familien kamen klar zur Sprache: Armut, Migration, Gewalt, Ausbeutung des Menschen,
die individualistischen Vorstellungen vom Menschen, aber auch die Frage nach wiederverheirateten
Geschiedenen und die Frage, ob Jesus mit seiner Aussage, was Gott verbunden habe,
dürfe der Mensch nicht trennen, wirklich Autorität zum Ausschluss gegeben habe - das
alles wurde besprochen. Die Erfahrungen verschiedener Kulturen kamen dabei zur Sprache,
Familie sieht nicht überall gleich aus und ist nicht überall den gleichen Gefahren
und Herausforderungen ausgesetzt.
Einige Male wurde bereits jetzt auf die Zeit
nach der Synode, auf das Jahr der Vorbereitung bis zur kommenden Synode vom Oktober
2015, hingewiesen. In diesem Sinn weisen die Beratungen bereits jetzt über sich hinaus.
Aus
der Synodenaula Pater Bernd Hagenkord für Radio Vatikan.