2014-10-05 11:52:00

China: „So etwas hat es noch nie gegeben“


RealAudioMP3 Der frühere Bischof von Hongkong, Kardinal Zen Ze-kiun, hofft, dass Peking die Proteste in Hongkong nicht mit Gewalt niederschlagen lässt. Er schließe sich regelmäßig den Demonstranten in der Hongkonger Innenstadt an, sagte der einzige Kardinal auf dem chinesischen Festland in einem Interview. „So etwas wie jetzt in Hongkong hat es noch nie zuvor gegeben“, so Zen: „Ich kann nur darum beten, dass das nicht mit einem neuen Tiananmen endet.“ Auf dem Tiananmen-Platz in Peking hatten chinesische Panzer 1989 der bislang letzten größeren Studentenrevolte ein gewaltsames Ende bereitet.

Der 82-jährige Kardinal nennt die heutige Lage „in vielerlei Hinsicht mit der damaligen vergleichbar“. Es erfülle ihn mit großer Sorge, dass es noch nicht zu einem Dialog zwischen Demonstranten und Regierungsvertretern gekommen sei, sondern die Proteste derzeit in ein Kräftemessen mündeten. Zwar seien die Proteste noch friedlich, doch könnten Aufrührer die Demonstranten anstacheln und dadurch die ganze Bewegung in Misskredit bringen. Zen hält die Lage für sehr gefährlich: Die Regierung habe offenbar den Ernst der Lage und die Wut der Einwohner von Hongkong noch nicht ganz begriffen. Einziger Ausweg aus der derzeitigen Situation ist nach Einschätzung des Kardinals ein Rücktritt des Exekutivchefs von Hongkong, Leung Chun-ying. Leung lehnt einen Rücktritt jedoch ab.

Kardinal Zen hat sich in den letzten Tagen mehrfach an die Demonstranten gewandt. In seinen Ansprachen ging es um die Soziallehre der Kirche und um das Recht auf friedlichen Widerstand. Am letzten Sonntag hat er mitten in der von Demonstranten blockierten Zone des Stadtzentrums eine Messe gefeiert. „Wir rechneten eigentlich damit, verhaftet zu werden, und haben es uns fast gewünscht, denn das hätte die Menschen für unsere Sache hier und woanders in der Welt sensibilisiert“, so der Kardinal wörtlich.

(apic 05.10.2014 sk)
Unser Foto zeigt Kardinal Zen (2. von rechts) während einer Demonstration für mehr Demokratie in Hongkong im vergangenen Juni.







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