Papst Franziskus ist
mit Überlebenden einer der größten Flüchtlingstragödien vor der italienischen Insel
Lampedusa zusammengetroffen. Er empfing am Mittwochnachmittag im Vatikan etwa zwanzig
Flüchtlinge aus Eritrea. Sie hatten sich auf dem am 3. Oktober 2013 gekenterten Boot
befunden. Auch Hinterbliebene von Opfern waren bei der Begegnung in einem Saal neben
der vatikanischen Audienzhalle mit dabei. Die Flüchtlinge reisten nach vatikanischen
Angaben unter anderem aus Deutschland und der Schweiz an.
In seiner Ansprache
ermahnte der Papst Europa zu größerer Solidarität mit Flüchtlingen.
„Menschen,
die emigrieren müssen, haben ein hartes Leben, und wenn es während ihrer Migration
zu Tragödien kommt, dann ist das noch härter. Oft kommen diese Menschen dann in einen
Hafen und denken, jetzt seien sie in Sicherheit – und dann geht es doch noch weiter
mit den ernsten Problemen: geschlossene Türen, ganz häufig. So dass man nicht weiß,
wo man hingehen kann.“
Es gebe aber auch „viele Männer und Frauen hier
in Italien, die ein offenes Herz für euch haben“, so der Papst weiter.
„Die
wichtigste Tür, die sich in so einem Moment öffnen muss, ist die des Herzens, nicht
wahr? Ich bitte alle Männer und Frauen Europas, die Türen ihrer Herzen zu öffnen.
Hinter euch liegen die Erinnerungen, die Heimat und die Toten. Ein Migrant kann das
nicht vergessen, es ist Teil seines Lebens: die Vorfahren, die Geschichte, das Vaterland,
auch die Verstorbenen... Ich bin euch nahe, ich bete für euch, ich bete darum, dass
sich die geschlossenen Türen öffnen. Und alles, was zu meiner Verfügung steht, steht
auch zu eurer Verfügung.“
Einer der Flüchtlinge wandte sich auf englisch
mit ein paar Begrüßungsworten an den Papst. Dabei bat er um Hilfe und Unterstützung,
etwa für eine Bergung von sterblichen Überresten von Ertrunkenen. Ein junger Flüchtling
dankte Papst Franziskus für sein Interesse und seine Appelle zugunsten von Flüchtlingen.
Die Besucher schenkten dem Papst die Skulptur einer Flaschenpost mit der Darstellung
einer Familie in ihrem Innern. Franziskus unterhielt sich mit jedem einzelnen seiner
Gäste.
Bei der Havarie vor einem Jahr war ein aus Libyen kommendes Schiff
mit rund 545 Menschen an Bord vor der Mittelmeerinsel Lampedusa gesunken. Etwa 390
von ihnen kamen ums Leben; die Küstenwache und Fischer bargen 155 Überlebende. Die
meisten Flüchtlinge stammten aus Somalia und Eritrea. Franziskus hatte im Juli 2013
die erste Reise nach seiner Papstwahl nach Lampedusa unternommen und dort eine „Globalisierung
der Gleichgültigkeit“ angeprangert. Nach Angaben der Internationalen Organisation
für Migration (IOM) vom Montag starben seit Jahresbeginn 3.072 Flüchtlinge im Mittelmeer.
Dies seien so viele wie seit dem Jahr 2000 nicht mehr.