2014-09-19 17:25:49

Papst über „Evangelii Gaudium“ - Es geht darum, Wunden zu verbinden


RealAudioMP3 „Wie viele Menschen da draußen leben mit großem Leid und erhoffen sich von der Kirche ein Zeichen der Nähe, der Güte, der Solidarität und der Barmherzigkeit des Herrn“. Das ist Franziskus, hundert Prozent Franziskus: An diesem Freitagnachmittag empfing der Papst Teilnehmer eines Kongresses, die im Vatikan über sein programmatisches evangelisches Schreiben „Evangelii Gaudium“ sprachen. Anne Preckel hat dem Papst zugehört.

Die Menschen brauchen euch, kommt ihnen entgegen – das war, auf den Punkt gebracht, die Botschaft von Franziskus‘ Ansprache. Vor Kirchenleuten, die allesamt in der Pastoral wirken, zeichnete der Papst den „pastoralen Entwurf“ seines apostolischen Schreibens Evangelii gaudium nach. An den menschlichen Peripherien der heutigen Zeit gibt es laut Franziskus alle Hände voll zu tun: Der Papst sprach hier nicht nur äußere Widrigkeiten wie Armut und Ausgrenzung an – auch innere Leere und die menschliche Suche nach einem Halt waren sein Thema.

„Wie viele Menschen in den unzähligen existenziellen Randgebieten unserer Tage sind müde und ausgelaugt und warten auf die Kirche, sie warten auf uns! Wie können wir sie erreichen? Wie können wir mit ihnen die Erfahrung des Glaubens teilen, die Liebe Gottes, die Begegnung mit Jesus? Das ist die Verantwortung unserer Gemeinschaften und unserer Pastoral.“

Bischöfe, Priester, Diakone, Katecheten und Katechetinnen – die gesamte Kirche sei gefragt, „weise und großzügig“ auf die dringendsten pastoralen Bedürfnisse der heutigen Zeit zu antworten: „Die Zeichen der Zeit zu erkennen und zu lesen“, formulierte der Papst, auch die Sehnsucht der Menschen nach spirituellem Trost und Heimkehr in ein Zuhause, das sie mit offenen Armen empfängt. Erneut verglicht der Papst die Kirche hier mit einem „Feldlazarett“, in dem Wunden verbunden werden - es brauche ein „Zeugnis der Nähe“, so der Papst.

„Wie viel Armut und Einsamkeit sehen wir leider in der heutigen Welt! Wie viele Menschen leben mit großem Leid und erhoffen sich von der Kirche Nähe, Güte, Solidarität und Barmherzigkeit des Herrn.“

Um welchen Preis?

Die Kirche dürfe sich dabei nicht von den vielen offenen Wunden im Körper des Kirchenvolkes abschrecken lassen und sich in sich selbst zurückziehen, mahnte der Papst. Sonst drohten sich „Angst und Abwehr“ in eine Haltung zu übersetzen, die die Gläubigen und die Kirche nicht zueinander bringe, sondern sie voneinander entferne. Regeln seien hier nicht mit der Essenz des Glaubens zu verwechseln, der erhobene Zeigefinger sei eine Versuchung, „gönnerhaft“ und klerikal“ zu werden.

„Dieses Kodifizieren des Glaubens in Regeln und Anweisungen, wie es die Schriftgelehrten, die Pharisäer und die Gesetzeshüter taten. Alles ist dann klar und ordentlich, aber das gläubige und suchende Volk wird weiter Hunger und Durst nach Gott haben.“

Der Papst hob weiter hervor, es gebe innerhalb „der vielen negativen Realitäten“ auch „viele Anzeichen, die Mut machen und Hoffnung geben“. Diese Keime müssten gehegt und gepflegt, in „konkretes Engagement“ verwandelt werden, so der Papst, um das „Reich Gottes wachsen zu lassen“ – dafür sei die Zeit heute reif.


Einsatz bitte! Immer und überall

Unerlässlich dabei sei freilich voller und beständiger Einsatz, erinnerte Franziskus mit dem Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg aus dem Matthäusevangelium. Der Gutsbesitzer, von dem im Gleichnis die Rede ist, habe „seine ganze Zeit damit verbracht, nach Arbeitern für seinen Weinberg zu suchen, so der Papst. Seine Unermüdlichkeit sei ein Vorbild für Kirche heute, fuhr Franziskus fort:

„Zu verschiedenen Tageszeiten rausgehen, um diejenigen zu treffen, die den Herrn suchen. Die Schwächsten und Benachteiligten erreichen, um ihnen die Unterstützung zu geben, sich im Weinberg des Herrn nützlich zu fühlen, sei es auch nur für eine Stunde.“

Die Pastoral dürfe dabei aber auch nicht zu einer „krampfhaften Serie von Initiativen“ werden, die am Sinn und Zweck der Evangelisierung vorbeigingen, warnte der Papst. Qualität sei hier wichtiger als Quantität, erinnerte er. Hyperaktivität und pastorale Aktivitäten „in Serie“ gingen in der Kirche nicht selten an den Menschen vorbei. Der Papst warnte hier:

„Eine Pastoral, die nicht diese Aufmerksamkeit hat, wird mehr und mehr steril.“

Ebenso wenig könne eine Pastoral ohne Gebet auskommen: Das Vertrauen in Gott und die Kontemplation gäben den Seelsorgern Kraft bei Schwierigkeiten und Enttäuschungen und gehörten – wie Geduld und Beharrlichkeit – zur Ausrüstung eines „guten Hirten“, so der Papst. Wesentlich sei stets das Zeugnis, erinnerte er abschließend:

„Worte ohne Zeugnis gelten nicht und sind unnütz. Das Zeugnis gibt dem Wort Gültigkeit.“

(rv 19.09.2014 pr)








All the contents on this site are copyrighted ©.