Arne Molfenter, Rüdiger
Strempel: Über die weiße Linie. Wie ein Priester über 6.000 Menschen vor der Gestapo
rettete. Eine wahre Geschichte aus dem Vatikan. Eine Besprechung von Gudrun Sailer.
Ein irischer Priester namens Hugh O´Flaherty rettete im Vatikan während
des Zweiten Weltkriegs mehreren tausend Menschen das Leben. Er wohnte am deutschen
Priesterkolleg am Camposanto im Vatikan und wirkte am Heiligen Offizium, der heutigen
Glaubenskongregation, die damals auf Wunsch von Papst Pius XII. Informationen über
Kriegsgefangene sammelte und weitergab. O´Flaherty versteckte als Akt des Widerstandes
gegen den nationalsozialistischen Terror Deserteure, Juden, andere Bedrängte und fabrizierte
falsche Ausweise im Akkord, um die Menschen zu schützen. Ein Buch über diese schillernde
Figur und ihr Wirken war fällig, das letzte erschien vor 45 Jahren und trug romanhafte
Züge. Arne Molfenter und Rüdiger Strempel haben allerdings einen ähnlichen Zugang
gewählt. Sie schöpfen aus wenigen archivalischen und vielen journalistischen Quellen,
versetzen sich mit spürbarem Genuss in dramatische Begebenheiten hinein, die dann
entsprechende Ausschmückungen erfahren, und wo es passt, fließt direkte Rede ein.
Entstanden ist ein lebendiges, aber nicht an allen Stellen belastbares Porträt des
irischen Monsignore und seines unfassbar großen Netzwerks, mit dessen Hilfe Hugh O´Flaherty
seine selbstgewählte Mission in Rom erfüllte. Etliche sachliche Unschärfen (um nur
eine zu nennen: Nuntius Borgongini Duca wird konsequent als „Bergoncini Duca“ wiedergegeben)
sind wohl der heißen Nadel zu danken, mit der das Buch gestrickt ist. Es ist fesselnd
zu lesen und steigert noch die Sehnsucht, eines Tages eine historisch abgesicherte
Biografie von Hugh O´Flaherty vorgelegt zu bekommen.