2014-09-06 12:51:01

Ukraine: Caritaspräsident über Propaganda und Gegenpropaganda


RealAudioMP3 Durchatmen in der Ostukraine: Eine Feuerpause ist vereinbart. Sollte sie halten, ist sie dennoch nur der Beginn vom Ende der politischen Krise zwischen Kiew und Moskau, betonen internationale Beobachter. Einig sind sich alle darüber, dass ein offener Krieg zwischen Russland und der Ukraine eine Katstrophe für Europa wäre, die es unbedingt zu verhindern gilt. Mit der Ukraine beschäftigte sich in diesen Tagen auch der Kongress des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis, der am Freitag zu Ende ging. Das Schwerpunktland wurde ausgewählt, lange bevor sich die Krise mit Russland abzeichnete – doch sprachen die Kongressteilnehmer naturgemäß viel über das Thema der Stunde. Unser Redaktionsleiter Pater Bernd Hagenkord war in Freising dabei und sprach mit dem Präsidenten der Caritas Ukraine, Andreij Waskowicz, über die medialen Hintergründe des ausufernden Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, der Hunderttausende in die Flucht schlug.

Herr Waskowicz, Sie haben gerade in Ihrem Statement die Frage aufgeworfen der verschiedenen Ebenen von Kommunikation und Propaganda. Vielleicht können Sie das kurz erläutern?

„Wenn wir uns die Propaganda anschauen, die wir heute in Russland wahrnehmen, betrachte ich das als eine Entmündigung der Bürger. Nach dieser Berieselung mit Falschinformationen sehen sie nicht mehr die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Optionen zu wählen. Sie unterstützen ihre Regierung, weil sie keine Alternativen sehen. Durch diese Beobachtung verändere ich meine Einstellung zu dem Geschehen im Zweiten Weltkrieg und der Naziherrschaft, wo man immer wieder von den Mitläufern gesprochen hat, die das Regime aktiv unterstützt haben. Ich glaube, dass auch damals teilweise dieses Phänomen stattgefunden hat, das wir heute in Russland beobachten, wo die Menschen durch Propaganda verblendet wurden und eigentlich keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr hatten. Und das ist ein großes Problem.“

Wie reagiert die Medienlandschaft in der Ukraine darauf? Mit Gegenpropaganda?

„Das Phänomen der Gegenpropaganda haben wir noch nicht feststellen können als eine gezielte Gleichschaltung der Medien. Wir sehen, dass die Ukraine versucht auf diese Art der Propaganda, die ja auch Auswirkung hat auf die Ostukraine, dadurch zu reagieren, dass man Meinungsvielfalt herstellt.“

Sie haben auch davon gesprochen, dass die Haltung, mit der Hilfe geleistet wird, die Haltung der Versöhnung sein muss. Das heißt, etwas, das letztlich auf das Überwinden dieser Brüche, die da entstehen, hinzielt.

„Es ist gerade durch diese Polarisierung unheimlich schwierig. Selbst wenn ich mit meinen Mitarbeitern spreche, die in den Regionen arbeiten, wo die Konflikte bestehen und wo es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen kommt, wo Gefechte stattfinden - ihnen zu erklären, dass es ganz, ganz wichtig ist, dass man unvoreingenommen den Menschen hilft, auch den Menschen, die durch diese Propaganda oftmals verblendet, etwas Falsches getan haben. Dass man versucht, durch diese Hilfe einen Sinneswandel bei ihnen herbeizuführen. Die Kirche kann dazu beitragen, dass die Menschen auch aus verschiedenen Religionen, mit verschiedenen politischen Vorstellungen, aufeinander zugehen und miteinander ins Gespräch kommen. Und dass Vertrauen entsteht zwischen diesen Menschen - das ist der erste Schritt zur Versöhnung.“

(rv 05.09.2014 gs)








All the contents on this site are copyrighted ©.