Ratzingerschüler tagten zum zehnten Mal in Castelgandolfo
Der Ratzinger-Schülerkreis
hat sich zu seiner zehnten Sitzung versammelt. Die Teilnehmer sprachen in Castelgandolfo
über die Theologie des Kreuzes, freuten sich an einer Messe mit dem emeritierten Papst
und wollen sich nächstes Jahr eventuell mit der Gender-Theorie auseinandersetzen.
Gudrun Sailer sprach mit Pater Stephan Horn, dem Sprecher des Ratzinger-Schülerkreises,
und bat ihn zunächst um eine kurze Rückschau auf das diesjährige Treffen:
„Ich
möchte zunächst das nennen, was uns immer noch schwer fällt: Der Heilige Vater – Benedikt
XVI. – konnte bei den theologischen Gesprächen nicht dabei sein. Insofern fehlt uns
etwas. Auch Kardinal Schönborn konnte nicht dabei sein. Umso wichtiger war die Anwesenheit
von Kardinal Koch, der der geistliche Begleiter und theologische Begleiter des Neuen
Schülerkreises ist. Wir hatten auch einen sehr guten Referenten, Karlheinz Menke,
der über die Theologie des Kreuzes gesprochen hat; einerseits über das Kreuz als Selbstoffenbarung
Gottes, andererseits das Ereignis des Kreuzes als Zentrum der Weltgeschichte, die
bedeutsam ist für jeden Menschen. Das war natürlich ein ganz großes Thema, das Zentrum
des Glaubens betreffen. Er hat gesprochen mehr in der Linie, die Hans Urs von Balthasar
vorgezeichnet hatte, wo genau das Kreuz als das Ereignis schlechthin in der Geschichte
gezeigt wird, und im Grund geht Papst Benedikt ja in die gleiche Richtung, der auf
dem Katholikentag in Köln von Eucharistie gesprochen hat und vom Kreuz, das in der
Eucharistie gegenwärtig ist. Er hat das Kreuzesgeschehen auf Golgotha als die Kernexplosion
im Sein dargestellt - sozusagen der entscheidende Augenblick, in dem Gottes Liebe
in Jesus Christus am klarsten sichtbar wird, und dass dies die ganze Weltgeschichte
verändert. Über dies Frage haben wir theologisch sehr lebhaft diskutiert, sodass auf
der einen Seite die Schüler und der neue Schülerkreis sehr dankbar waren für die Vorträge,
andererseits der Professor auch sehr gefordert war. Wir sprechen ja immer sehr offen,
aber zugleich auf eine feine Weise ohne Aggressionen.“
Der neue Schülerkreis
besteht nun seit sieben Jahren. Wie weit ist das Zusammenwachsen zwischen alten und
neuen Ratzinger-Schülern gediehen?
„Natürlich war man sich vor sieben Jahren
noch ganz fremd. Inzwischen ist der Schülerkreis auf gut 30 angewachsen, in diesem
Jahr haben wir nur zwei aufgenommen. Und diesmal war es besonders spürbar, dass der
alte und der neue Schülerkreis zusammenwachsen. Der neue Schülerkreis wollte sich
seiner Identität vergewissern und hat darüber gesprochen, und ich habe den Eindruck
gehabt, dass der neue Schülerkreis zusammen mit dem alten sich jetzt als Familie versteht
und auch fühlt. Der Heilige Vater hat ja zunächst seinen Schülerkreis als seine Familie
empfunden, und jetzt wird es eine Familie, die sich erweitert. Eine Reihe wichtiger
Leute von unserem alten Schülerkreis konnten nicht mehr dabei sein aus gesundheitlichen
Gründen. Deshalb ist es umso wichtiger, dass die Jungen hineinwachsen.“
Am
Sonntag war der geistliche Höhepunkt die Heilige Messe mit dem emeritierten Papst
Benedikt XVI. in der Kirche des Camposanto Teutonico im Vatikan. Wie war das, mit
dem emeritierten Papst zu feiern?
„Wunderbar! Die Freude des Heiligen Vaters,
die feierliche Heilige Messe mit einer Ansprache über, wie er es immer macht, das
Thema des Evangeliums und der Lesung. Wir hoffen, dass wir diese Ansprache eines Tages
auf unserer Webseite veröffentlichen können. Er hat richtig frisch gepredigt. Das
hat sich auch beim anschließenden Treffen gezeigt, dass er fast frischer gewirkt hat
als vor einem Jahr. Natürlich ist er etwas älter geworden, und er spürt, dass es mit
dem Gehen nicht mehr so gut ist. Aber seine geistige Frische war ganz außerordentlich.“
Können
Sie uns schon verraten, worüber der Ratzinger-Schülerkreis nächstes Jahr debattieren
wird?
„Wir machen das immer so, dass wir als Schülerkreis eine Reihe von
Themen aussuchen. Es wird meist eine lange Liste, und dann werden die wichtigsten
aus dieser Liste herausgenommen, das sind immer drei oder vier. Ich habe heute Morgen
mit dem Heiligen Vater darüber gesprochen. Wir haben noch keine Entscheidung getroffen.
Das eine Thema wäre, wie heute von Gott reden. Und das zweite wäre die Gender-Frage.
Es würde uns daran liegen, diese Frage der Gender-Theorie, die so viele Emotionen
weckt von beiden Seiten, möglichst sachlich und emotionslos zu besprechen, aber vor
allem auf hohem Niveau, sodass die Argumente gut zur Darstellung kommen und gut abgewogen
werden können.“