Libyen: „Niemandskinder“ in den Mühlen des Konfliktes
Angesichts der Dramen
im Irak, in Gaza und in Syrien ist dieser Konflikt in den letzten Wochen in den Hintergrund
gerutscht, er geht aber unvermindert weiter: In Libyen liefern sich rivalisierende
islamistische Milizen immer heftigere Gefechte, hunderte von Menschen fielen den Kämpfen
bislang zum Opfer, das Land versinkt im Chaos. In die Mühlen des Konfliktes geraten
nicht zuletzt tausende von Flüchtlingen aus dem südlichen Afrika, die in Libyen festsitzen.
Das berichtet im Interview mit Radio Vatikan Pater Mussie Zerai, Präsident des Flüchtlings-Hilfsnetzwerkes
Habeshia.
„Viele der Männer werden dazu gezwungen, Verletzte und Munition
zu transportieren: Wir haben viele Verletzte, viele Menschen, die das Leben verloren
haben, und Frauen und Kinder, die buchstäblich verhungern. Allein in Tripoli gibt
es 350 solcher Menschen, die unter freiem Himmel auf einem Sportplatz festsitzen,
keinen Schutz haben und seit vier Tagen kein Essen haben, nichts.“
Der
bewaffnete Konflikt verbreite Angst und Schrecken, Gewalt und Missbrauch seien an
der Tagesordnung, so der Pater, der im ständigen Kontakt mit den Flüchtlingen steht:
„Sie haben große Angst vor allem vor den Geschossen auf den Straßen. Es
gab auch Tote in den Häusern, als Bomben darauf fielen. Die Leute sind terrorisiert.
Dann gab es verschiedene Übergriffe: Menschen wurden ausgeraubt, angegriffen und haben
alle möglichen Formen von Missbrauch erlebt.“
Menschenhande, Missbrauch
und Not
Auch Menschenhandel gehört dazu. Die Lage der Zivilisten in
Libyen ist schwer, die der Flüchtlinge verzweifelt – sie seien „Niemandskinder“, um
die sich niemand kümmere, so Zerai. Als der Krieg in Libyen begann, hätten viele Libyer
das Land noch verlassen können – im Gegensatz zu vielen Migranten des südlichen Afrika.
Pater Zerai:
„Alle anderen sind evakuiert worden außer ihnen: die internationale
Gemeinschaft muss für sie ein Evakuierungsprogramm machen, um diese Menschen zu schützen,
auch in den angrenzenden Ländern. Die Flüchtlinge in Tripoli versuchen etwa oft, nach
Tunesien auszureisen, doch sie werden an der Grenze festgehalten und können nicht
ausreisen, sie sind in Libyen gefangen.“
Der Konflikt in Libyen ist unübersichtlich:
Rivalisierende Islamisten kämpfen gegeneinander und zugleich gegen säkulare Kräfte.
Libysche Parlamentsabgeordnete haben zuletzt die UNO aufgefordert, sich um die Sicherheit
der libyschen Zivilbevölkerung zu kümmern.