Papst Franziskus ist
wieder auf dem Weg zurück nach Rom, für uns Gelegenheit, zurück zu schauen auf die
viereinhalb Tage, die er in Korea verbracht hat. Wir haben dazu noch einmal mit unserem
Korrespondenten vor Ort, Pater Bernd Hagenkord, gesprochen.
Beginnen wir beim
Ende der Reise: In den internationalen Medien hat eine Bemerkung des Papstes vom Sonntag
für Schlagzeilen gesorgt, nämlich die Offenheit des Vatikan für diplomatische Beziehungen
mit asiatischen Staaten, mit denen es solche noch nicht gibt, allen voran China. Was
ist da dran?
„China ist ein gutes Stichwort. Zu Beginn der Reise, gleich
bei seiner ersten Ansprache, hat der Papst das Hohelied der Diplomatie gesungen, Geduld
und Kontakte brauche es. Nun ist China nicht Nordkorea und nicht Vietnam, um das es
ebenfalls geht, aber der Wunsch nach diplomatischen Beziehungen zeigt, wie hoch der
Papst das Lösen von Konflikten auf diesem Weg schätzt, auch wenn es lange dauert,
auch wenn es nicht einfach ist, solche Beziehungen erst einmal zu knüpfen. Gemünzt
war das ja auf den Konflikt mit Nordkorea, der Versucht, aus der Korea-Geschichte
nun eine China-Geschichte zu machen, verfehlt die Worte des Papstes. Aber es zeigt
auch etwas von der Wirkung der Worte. Papst Franziskus spricht geistlich, aber
alles was er sagt ist immer auch an Politik und Gesellschaft gerichtet. Das kann man
an der Predigt am Sonntag - aus der das Zitat stammt - recht genau sehen. Und wenn
wir schon bei Diplomatie sind: Ich habe noch einmal die erste Ansprache nachgeschlagen,
die der Papst vor Diplomaten gehalten hat, im März vergangenen Jahres. Da sagte er
„Man kann nämlich keine Brücken zwischen den Menschen bauen, wenn man Gott vergisst.
Doch es gilt auch das Gegenteil: Man kann keine wahre Verbindung zu Gott haben, wenn
man die anderen ignoriert.“ Dort hinein gehört auch das Sprechen über die Normalisierung
von Beziehungen. Sein Predigen hat eminent gesellschaftliche Auswirkungen, wenn
man das denn ernst nimmt. Und das ist ja eine gute Sache, gerade mit Blick auf die
Spannungen hier im Land und den Konflikt mit dem Norden.“
Was für einen Eindruck
hat der Papst im Land selber hinterlassen?
„Es ist der erste Besuch seit Jahrzehnten
in Korea, seit 15 Jahren in Asien, und das war nur ein sehr kurzer Besuch in Dehli,
Indien. Es war also auch so etwas wie eine Kontaktaufnahme. Franziskus hat eine ‚Priorität
Asien‘ für sein Pontifikat gesetzt, von dieser Absicht sprechen viele, die mit ihm
zu tun haben, der Papstsprecher hat es am Sonntag auch noch einmal wiederholt. Das
ist also das erste. Der zweite Eindruck ist natürlich der hier im Land. Man war
gespannt auf diesen Papst und vor allem darauf, ob seine ganz persönliche Aura, sein
spontanes Sprechen und Handeln, auch in einem asiatischen Kontext funktioniert. Es
hat funktioniert. Der dritte Eindruck bezieht sich sicherlich auf die Schwierigkeiten
innerhalb Koreas, wie der Papst etwa auf die Tragödie des Fährschiffes Sewol eingeht,
denn das ist hier im Land eine unglaublich emotional und politisch besetzte Geschichte.
Das hat Franziskus sehr einfühlsam vor allem durch Gesten und Begegnungen getan. Trotzdem
muss man auch sagen, dass die Begeisterung sich in Grenzen hält. Heute Morgen stand
ich an der Straße, als der Papst vorbei fuhr. Da waren keine winkenden Massen, sondern
interessierte Geschäftsleute. Man sieht, dass Korea kein katholisches Land ist. Bei
aller Würdigung des Besuches - und es war ein sehr guter Besuch - muss man das im
Hinterkopf behalten.“
Sie sagen, dass es ein guter Besuch war, warum?
„Weil
er wichtige Themen auf gute Weise ohne Druck aufgegriffen hat. Noch im Heiligen Land
gab es sehr, sehr viele Termine, den Umständen geschuldet. Hier war es viel entspannter
und das hat sich auch in der Atmosphäre bemerkbar gemacht. Papstreisen sind ja
so etwas wie ein Instrument des Papstes, Prioritäten zu ordnen und zu zeigen. Das
hat Franziskus bei diesem Besuch wunderbar genutzt.“
Durch die Anwesenheit
des Papstes etwas untergegangen ist der Anlass der Reise, der Asiatische Jugendtag.
Was für eine Rolle hat der gespielt?
„Das ist immer so, wo auch immer der Papst
ist, da ist auch die Aufmerksamkeit. Aber allein das Treffen am Freitag hat gezeigt,
dass der Jugendtag mehr war als „nur“ ein Anlass. Das war sicherlich einer der Höhepunkte
der Reise, hier hat der Papst gezeigt, wie er sich sein Engagement mit Asien vorstellt,
über Sprachen und Kulturen hinweg. Die Begeisterung der Menschen und die Energie des
Papstes dabei zu sehen, das war großartig. Der Jugendtag ist ja mehr eine interkulturelle
christliche Weiterbildung für Delegierte als die Massenveranstaltung eines Weltjugendtages,
wie mir Kardinal Tagle von Manila in einem Interview berichtet hat. Es ist also anders,
als wir das zum Beispiel vom Papstbesuch in Rio her kennen. Aber es hat den Besuch
hier schon sehr geprägt.“
Papst Franziskus hat sich aus Asien verabschiedet,
aber um schon bald zurück zu kehren, Sie haben die Priorität des Kontinents ja schon
betont. Sagt das auch etwas für den Rest der katholischen Kirche?
„Ja, das
tut es. Da ist zum einen die ausdrücklich besondere Rolle der Laien in der Kirche.
Papstsprecher Federico Lombardi hat das am Sonntag noch einmal ausdrücklich betont:
Unter den selig gesprochenen Märtyrern war nur ein Priester, das ist mehr als nur
ein Zufall. Das passt auch zu den wiederholten Aussagen des Papstes gegen den Klerikalismus
in der Kirche. Hier in Korea ist auch nicht alles Gold, was glänzt, aber die Geschichte
der Kirche hat schon etwas Besonderes. Dann sind da die Märtyrer, die für die Katholiken
hier sehr wichtig sind. Das hat nichts von Selbstmitleid oder gefühlter Opferrolle,
das ist die Überzeugung, dass man sich auch in sehr schwierigen Umständen aus dem
Glauben heraus einsetzen kann und das mit Würde und Durchhaltevermögen tun muss. Übersetzt
geht es eben hier auch um den Konflikt mit Nordkorea, aber auch um die Auseinandersetzungen
mit den Folgen der Wirtschaftskrise, mit Egoismus, Relativismus, Materialismus, der
Kluft zwischen Arm und Reich, der geistliche Armut, um nur einige der Punkte des Papsts
bei der Reise zu nennen. Und ja, nach der Papstreise ist vor der Papstreise. Die
beiden Besuche im Januar des kommenden Jahres in Sri Lanka und auf den Philippinen
- ganz verschiedene und auch nicht mit Korea zu vergleichende Kirchen - werden das
noch erweitern. Nach Asien zu blicken wird zunehmend wichtig und spannend für die
Kirche. Das hat auch diese Reise gezeigt.“