2014-08-17 07:14:42

Papst hofft auf mehr diplomatische Beziehungen mit Asien


RealAudioMP3 Dialog war das Stichwort der Papstrede vor Bischöfen Asiens am Sonntag im südkoreanischen Haemi, 150 Kilometer südwestlich von Seoul. Franziskus gab bei der Gelegenheit seiner Hoffnung Ausdruck, dass sich Länder ohne Botschafteraustausch mit dem Heiligen Stuhl - wie zum Beispiel Vietnam oder China - einem Dialog öffnen würden. Die Namen einzelner Länder nannte der Papst jedoch nicht; die Papstworte waren vielmehr eine offene Einladung.

Es waren wohl, politisch gesehen, die bisher klarsten Worte, die Franziskus auf seiner ersten Reise nach Asien fand: Vor rund 70 Bischöfen des Kontinentes appellierte der Papst am Heiligtum von Haemi am Sonntag an asiatische Länder ohne diplomatische Beziehungen zum Heiligen Stuhl. Darunter fallen etwa China und Vietnam. Auch zum Nordteil Koreas besteht kein diplomatischer Kontakt.

„Wie der heilige Johannes Paul II. zu Recht erkannte, gründet unsere Verpflichtung zum Dialog schon in der Logik der Inkarnation: In Jesus ist Gott selbst einer von uns geworden, hat das Leben mit uns geteilt und in unserer Sprache zu uns gesprochen (vgl. Ecclesia in Asia, 29). In diesem Geist der Offenheit anderen gegenüber hoffe ich ernstlich, dass jene Länder eures Kontinents, mit denen der Heilige Stuhl noch keine vollständigen Beziehungen unterhält, nicht zögern, einen Dialog zum Wohl aller voranzutreiben.“

„Echter Dialog“ müsse menschliche Offenheit zur Grundlage haben, führte Franziskus aus. Das Wissen um die eigene, christliche Identität müsse dabei von „Einfühlungsvermögen“ und einem „Geist der Offenheit“ dem anderen gegenüber begleitet sein, erinnerte er.

„Diese Fähigkeit zur Einfühlung ermöglicht einen wahren menschlichen Dialog, in dem Worte, Ideen und Fragen aus einer Erfahrung von Brüderlichkeit und gemeinsam erlebter Menschlichkeit hervorgehen. Sie führt zu einer echten Begegnung, in der man von Herz zu Herz spricht. Wir werden durch die Weisheit der anderen bereichert und öffnen uns, um gemeinsam den Weg zu größerem Verständnis, mehr Freundschaft und Solidarität zu gehen.“

Dialog sei „ein wesentlicher Bestandteil der kirchlichen Sendung“ in Asien, betonte Franziskus, der sich hier auf das Apostolische Schreiben Papst Johannes Paul II. „Ecclesia in Asia“ (vgl. Ecclesia in Asia, 29) bezog. Und Worte Papst Benedikt XVI. aufgreifend betonte er, die Kirche wachse nicht durch Proselytismus, sondern weil sie Menschen anziehe. Auf dem asiatischen Kontinent sei bei Verkündigung der Frohen Botschaft ein besonderes Geschick vonnöten:

„In diesem weiten Kontinent, in dem eine große Vielfalt an Kulturen beheimatet ist, ist die Kirche gerufen, in ihrem Zeugnis für das Evangelium beweglich und kreativ zu sein durch Dialog und Offenheit allen gegenüber.“

Das Bewusstsein für die eigene religiöse Identität sei wesentlich, um Ziel und Sendung des christlichen Auftrages im kulturell vielfältigen Asien nicht aus den Augen zu verlieren, unterstrich der Papst vor Kirchenvertretern aus allen Teilen des Kontinentes:

„Wenn wir frei, offen und fruchtbringend mit anderen zu reden haben, müssen wir uns klar sein, wer wir sind, was Gott für uns getan hat und was er von uns verlangt. Und wenn unsere Kommunikation kein Monolog sein soll, müssen Geist und Herz sich öffnen, um Einzelne und Kulturen anzunehmen.“

Weitere Herausforderungen in diesem Dialog „mit Geist und Herz“ liegen für den Papst in der Gesellschaft selbst: Ein „trügerischer“ Relativismus bringe feste Bezüge ins Wanken und stürze Menschen in „Verwirrung und Verzweiflung“:

„Es ist eine Versuchung, die heutzutage auch christliche Gemeinschaften befällt und die Menschen vergessen lässt, dass es in einer Welt schneller und desorientierender Veränderungen ,viel Unwandelbares‘ gibt, das ,seinen letzten Grund in Christus hat, der derselbe ist gestern, heute und in Ewigkeit‘ (Gaudium et spes, 10; vgl. Hebr 13,8). Ich spreche hier nicht bloß vom Relativismus als einer Denkweise, sondern von jenem alltäglichen praktischen Relativismus, der fast unmerklich unser Identitätsgefühl untergräbt.“

Auch Kirchenvertreter seien vor der allgemeinen „Oberflächlichkeit“ nicht gefeit, die in der schnelllebigen Gesellschaft um sich greife. Angesichts einer Kultur der scheinbar unzähligen Möglichkeiten werde das wirklich Wichtige oftmals vergessen, so Franziskus, der hier ein Beispiel nannte:

„Für die Diener der Kirche kann sich das auch bemerkbar machen in einem Entzücken über Pastoralprogramme und -theorien auf Kosten einer direkten, fruchtbaren Begegnung mit unseren Gläubigen, besonders mit den Jugendlichen, die eine solide Katechese und eine gesunde geistliche Führung brauchen. Ohne eine Verankerung in Christus können die Wahrheiten, aufgrund derer wir unser Leben gestalten, allmählich dahinschwinden, die Übung der Tugenden in der Form erstarren, und der Dialog kann zu einer Art Verhandlung herabgesetzt oder auf eine Einigung über die Uneinigkeit reduziert werden.“

Weiter ermahnte Franziskus die Bischöfe, sich nicht „hinter leichten Antworten, vorgebildeten Formeln, Regeln und Vorschriften zu verstecken“. Der Glaube sei von Natur aus nicht „mit sich selbst beschäftigt“; er müsse in die Welt hinausgetragen werden, Verständnis suchen und das Leben prägen, so Franziskus. Glaubensstärke und Einfachheit seien hier Kennzeichen des Christseins. Der Papst forderte hier seine Zuhörer zur Gewissenserforschung auf:

„Leuchtet die christliche Identität eurer Teilkirchen in euren Programmen für Katechese und Jugendpastoral auf, in eurem Dienst an den Armen und an denen, die am Rande unserer Wohlstandsgesellschaften dahinvegetieren, wie auch in euren Bemühungen, Berufungen zum Priestertum und zum Ordensleben zu wecken?“

Ausgehend vom Ort der Festung von Haemi, wo im 19. Jahrhundert zahlreiche Christen gefangengehalten und getötet worden waren, erinnerte der Papst an die vielen „Märtyrer ohne Namen“, die er als „Heilige ohne Namen“ bezeichnete. Die Kirche tue gut daran, sich an diese einfachen und mutigen Glaubenszeugen zu erinnern, so Franziskus.


Asien „zentral“ für die Zukunft der Kirche
Kardinal Oswald Gracias, Vorsitzender der Föderation Asiatischer Bischofskonferenzen, nannte Asien in seinem Grußwort „zentral für die Zukunft der Welt und für die Zukunft der Kirche“. 60 Prozent der Weltbevölkerung lebten in Asien; der Kontinent sei ein demografisch jung. Zwar seien Asiaten „religiös von Natur aus“, mittlerweile griffen aber auch Säkularismus und materielles Denken Raum, erodierten traditionelle Familienwerte und verbreite sich Individualismus, so der indische Kardinal.


(rv/kna 17.08.2014 pr)









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