Zu den letzten Terminen
des Papstes in Korea gehört am Montag ein Treffen mit den Vertretern der verschiedenen
Religionen des Landes. Traditionell konfuzianistisch und buddhistisch, hat sich die
religiöse Landschaft seit Jahrhunderten geändert. Wie es um den Dialog und die Beziehungen
zwischen den Religionen steht, danach hat unser Korrespondent Pater Bernd Hagenkord
gefragt.
Korea ist ein säkulares Land, Spannungen zwischen den Religionen
und Konfessionen, wie wir sie aus anderen Teilen der Welt kennen, gibt es hier so
nicht, man steht ganz natürlich näher beisammen. Was aber nicht heißt, dass alles
immer einfach wäre. Serena Kim Hae-kyung doziert Theologie an der katholischen Universität
von Daegeu, sie ist Missionswissenschaftlerin und bemüht sich um eine eigene, koreanische
Ausprägung der katholischen Theologie. Bisher sei zu viel einfach nur aus dem Westen
übersetzt worden. Auch die Beziehungen zwischen den Religionen seien Korea-spezifisch,
berichtet sie.
Wie alle Interviewpartner spricht sie die vielen Krisen
Koreas an, die auch die Religionen angehen und ihr Verhältnis zueinander bestimmen:
Die zunehmende Arbeitslosigkeit, der Streit um die US-Militärbasis auf der Insel Jeju
und natürlich die Tragödie der Sewol, um nur die wichtigsten zu nennen.
„Wir
sind verletzt, wir sind psychologisch wie gelähmt. Wir hoffen, dass dieser Papstbesuch
uns eine neue Hoffnung auf die Zukunft geben kann.“
Hoffnung auf die
Zukunft, auch für die nichtchristlichen Religionen? Korea ist kein katholisches Land,
es hat eine reiche konfuzianische und buddhistische Tradition. Aber die Rolle der
Minderheit ist nicht zu unterschätzen, sagt Serena Kim.
„Zur Zeit von
Kardinal Kim [Stephan Kim Sou-hwan, gest. 2009] wurde er von allen Koreanern als geistliche
Gestalt für das ganze Land gesehen, unabhängig von der Religion. Wir haben im Augenblick
auch viele Probleme, aber eine solche geistliche Gestalt findet sich im Augenblick
unter uns nicht. Besonders wir Katholiken suchen so jemanden, aber zur Zeit gibt es
keinen. Auch nicht unter den anderen Religionen. Moralisch und ethisch ist die katholische
Kirche immer besonders wahrgenommen worden, wahrscheinlich auch, weil es viele Berührungspunkte
mit dem Konfuzianismus gibt. Da sind wir sehr flexibel in der Begegnung, auch wenn
ich Katholikin bin.“
Auch der Buddhismus sei angesehen im Land, aber
nicht ganz so wie der Katholizismus. Die protestantischen Kirchen hätten keinen so
guten Ruf, weil sie ständig untereinander stritten, so Serena Kim.
„Wie
das bei Dialog immer ist, einige suchen ihn, andere stecken im Konflikt fest. So haben
die Protestanten zum Beispiel wenig Verständnis für die traditionellen Religionen,
zum Beispiel den Buddhismus, bis hin dazu, dass fanatische Evangelikale wie im vergangenen
Jahr einen alten Tempel angezündet haben. So etwas findet leider immer wieder statt.“
Die
offiziellen Vertreter der Kirchen und Religionen bemühten sich aber ganz ausdrücklich
um den Dialog, so gebe es seit einiger Zeit einen ‚Rat der sieben Religionen‘.
„Heute
muss man da aber auch den Islam dazuzählen, also sind es eigentlich acht Religionen.
Aber wie dem auch sei, diese tauschen sich über gemeinsame Themen aus und man trifft
sich von Zeit zu Zeit: Die Katholiken, Protestanten, Konfuzianismus, Formen des Buddhismus
und Vertreter des Shamanismus. Mit den vielen Arbeitern aus Südost-Asien muss man
jetzt aber wie gesagt den Islam dazu nehmen.“
In Krisenzeiten sprechen
die Religionen seitdem auch schon mal mit einer Stimme, Serena Kim berichtet von einem
Flußregulierungsplan des letzten Präsidenten Koreas, der das Ökosystem von vier Flüssen
ruiniert habe. Die Repräsentanten des Religionsrates und viele Gläubige aller Religionen
haben damals gemeinsam dagegen protestiert. Serena Kim glaubt auch hier an einen Impuls
des Papstes.
„Denn der Papst sieht die anderen Gläubigen nicht als Menschen,
die sich bekehren müssen, sondern er sieht sie so, wie sie sind. Das ist ein Modell,
das andere Religionen übernehmen könnten. Neulich hat mir eine protestantische Freundin,
auch eine Theologin, gesagt, dass sie Franziskus auch als ihren Papst sieht. Der ‚Franziskus
Effekt‘betrifft hier in Korea also auch die andren Religionen.“
Serena
Kim Hae-kyung, Theologin an der Universität Daegeu.
Aus Seoul, Pater Bernd
Hagenkord für Radio Vatikan.