Angesichts der humanitären Notlage im Irak haben die Vereinten Nationen für das Land
die höchste Notstandsstufe ausgerufen. Damit dürften weitere Hilfsgüter und Ressourcen
für die bedrängte Bevölkerung dort mobilisiert werden. Hunderttausende Menschen –
darunter Christen, Jesiden, Turkomanen und Shabak – sind im Irak vor den islamistischen
IS-Milizen auf der Flucht. Die krisenerprobten Christen im Land sprechen von der schlimmsten
Katastrophe seit Menschengedenken.
Papst dank Kurdenpräsident für Aufnahme
von Christen
Der päpstliche Sondergesandte im Irak, Kardinal Fernando
Filoni, übergibt in den kommenden Tagen Lalisch eine Spende von Papst Franziskus;
die nördlich von Mossul gelegene Stadt ist das religiöse Zentrum der kurdischen Glaubensgemeinschaft.
Kämpfer des „Islamischen Staates“ hatten dort das Hauptheiligtum der Jesiden zerstört.
Der Vatikan und örtliche kirchliche Hilfsorganisationen unterstützen bereits seit
Juni 4.000 Familien, die vor den Dschihadisten geflüchtet sind. Am Freitag feierte
Filoni in einem Flüchtlingslager in Dohuk nördlich von Mossul im Kurdengebiet einen
Gottesdienst. Dort halten sich 60.000 zumeist christliche Flüchtlinge auf. Am Vortag
war Filoni in Erbil, der Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, zu einem Gespräch
mit deren Präsident Masud Barzani zusammengetroffen. Der italienische Kardinal dankte
Barzani im Namen des Papstes für die Aufnahme Zehntausender vor den Dschihadisten
geflohener Christen im Kurdengebiet.
Der chaldäische Erzbischof von Mossul,
Emil Shimoun Nona, betonte gegenüber der italienischen Agentur Asianews, die dramatische
Lage schweiße die Christen auch zusammen: „Die Hoffnung muss unser Handeln anleiten“,
wandte sich der Geistliche an die bedrängten Gläubigen und alle Bischöfe seiner Kirche.
Die „neue Einheit“, die sich in der lange zerstrittenen chaldäischen Kirche nun zeige,
sei die „beste Antwort“ an diejenigen, die die uralte Geschichte des Christentums
in dem Land auslöschen wollten, formulierte der Erzbischof.
IS behindern
Hilfe von außen Das schnelle Vorrücken der sunnitischen Kämpfer im Norden
des Landes behindert derweil die internationalen Hilfe für die Bevölkerung. Auf dem
Berg Sinjar sitzen zwischen 20- bis 30.000 Jesiden ohne Unterstützung fest. In der
Ebene um die Stadt Dohuk gibt es laut Angabe der kurdischen Behörden mindestens 150.000
Flüchtlinge. Die lokale Bevölkerung versuche die Menschen - so gut es eben geht -
zu unterstützen. Es herrsche brütende Hitze; die Familien bräuchten dringend Essen
und Wasser sowie Möglichkeiten, Lebensmittel zu konservieren. Die Flüchtlinge benötigten
weiter dringend Medikamente und psychologische Betreuung. Die Mehrheit versuche bereits,
sich Dokumente zu beschaffen, um das Land verlassen zu können, wird weiter berichtet.
Auch
in Erbil leben die Flüchtlinge unter prekären Bedingen, während unweit der Grenzregionen
des autonomen kurdischen Gebietes immer wieder Kämpfe mit den Islamisten ausbrechen.
In Mossul haben laut einem Bericht der Online-Agentur Ankawa.com die Truppen des islamistischen
Kalifates damit begonnen, ein Straßenschild mit dem Namen des syrisch-aramäischen
Bischofs und Märtyrers Paul Faraj Rahho zu entfernen, der im März 2008 durch Islamisten
starb. Die Terrorkämpfer wollten die Straße nun nach einem ihrer Führer benennen,
heißt es.
Papst Franziskus hatte den Krieg der IS-Milizen beim Angelus-Gebet
zuletzt als „Beleidigung Gottes“ verurteilt und zeigte sich tief erschüttert über
Morde, Vertreibungen und andere Formen der Gewalt, die die Islamisten seit Anfang
Juni verübten. Italiens Kirche rief für Maria Himmelfahrt zu einem Gebetstag für den
Irak und alle anderen verfolgten Menschen in der Welt auf. Im niederländischen Enschede
sind am Freitag 30 Demonstranten in den Hungerstreik gegen die Terrorgruppe „Islamischer
Staat“ getreten. Sie fordern mehr Einsatz der niederländischen Regierung für die verfolgten
Christen im Irak und gegen die Terroristen.