2014-08-15 12:29:45

Die Papst-Ansprache an Asiens Jugend in Solmoe


Die Ansprache von Papst Franziskus bei der Begegnung mit asiatischen Jugendlichen in Solmoe beim Heiligtum der koreanischen Märtyrer am 15. August 2014. Im ersten Teil entspricht sie im wesentlichen der offiziellen Fassung. Der zweite Teil besteht in einer Arbeitsübersetzung der Antworten, die der Papst spontan auf die Fragen einiger Jugendlichen gab.

I

Liebe junge Freunde,

„Es ist gut, dass wir hier sind!“ (Mt 17,4). Auch für mich. Diese Worte sprach der heilige Petrus auf dem Berg Tabor, als er vor dem in Herrlichkeit verklärten Jesus stand. Wahrlich, es ist gut, dass wir hier sind, gemeinsam in diesem Heiligtum der koreanischen Märtyrer, in denen die Herrlichkeit des Herrn zu Beginn des Lebens der Kirche in diesem Land offenbart wurde. In dieser großen Versammlung, die junge Christen aus ganz Asien zusammenführt, können wir die Herrlichkeit Jesu gleichsam greifen – die Herrlichkeit Jesu, der gegenwärtig ist in unserer Mitte, gegenwärtig ist in seiner Kirche, die alle Nationen, Sprachen und Völker umfasst, gegenwärtig ist in der Kraft seines Heiligen Geistes, der alles neu, jung und lebendig macht!

Ich danke euch für euren wirklich sehr herzlichen Empfang und für das Geschenk eurer Begeisterung, für eure freudigen Gesänge, eure Glaubenszeugnisse und eure schönen Darbietungen der Vielfalt und des Reichtums eurer unterschiedlichen Kulturen. In besonderer Weise sage ich den drei jungen Freunden (er nennt die Namen der Fragenstellenden) Dank, die mich an euren Hoffnungen, euren Problemen und euren Sorgen haben teilhaben lassen. Ich habe ihnen aufmerksam zugehört und werde sie im Gedächtnis behalten. Ich danke Bischof Lazzaro You Heung-sik für seine einführenden Worte und begrüße euch alle von Herzen.

Heute Nachmittag möchte ich mit euch über einen Teil des Themas vom Sechsten Asiatischen Jugendtag nachdenken: „Die Herrlichkeit der Märtyrer erstrahlt über euch.“ Genauso wie der Herr seine Herrlichkeit im heroischen Zeugnis der Märtyrer weiterleuchten ließ, möchte er seine Herrlichkeit auch in eurem Leben und durch euch aufscheinen lassen, um das Leben dieses weiten Kontinents hell zu machen. Heute klopft Christus an die Tür eures Herzens. Er fordert euch auf, euch zu erheben, ganz wach und aufmerksam zu sein und die Dinge im Leben zu sehen, die wirklich von Bedeutung sind. Mehr noch: Er bittet euch, hinauszugehen auf die Straßen und Gassen dieser Welt und an die Türen der Herzen anderer zu klopfen mit der Einladung, ihn in ihrem Leben willkommen zu heißen.

„Beunruhigt über Kluft zwischen reich und arm“

Dieses große Treffen junger Asiaten ermöglicht uns ebenfalls, etwas von dem zu sehen, was die Kirche selbst in Gottes ewigem Plan sein soll. Gemeinsam mit jungen Menschen von überall her möchtet ihr dazu beitragen, eine Welt aufzubauen, wo wir alle in Frieden und Freundschaft zusammenleben, indem wir Barrieren überwinden, Zerwürfnisse heilen sowie Gewalt und Vorurteile zurückweisen. Und genau das ist es, was Gott uns wünscht, nur für uns. Die Kirche soll ein Same der Einheit für die gesamte Menschheitsfamilie sein. In Christus sind alle Nationen und Völker in eine Einheit gerufen, welche die Vielfalt nicht zerstört, sondern sie anerkennt, versöhnt und bereichert.

Wie weit entfernt erscheint der Geist der Welt von dieser wunderbaren Vorstellung und diesem großartigen Plan! Wie oft scheint der Same der Güte und Hoffnung, den wir zu säen versuchen, erstickt zu werden vom Unkraut des Egoismus, der Feindseligkeit und der Ungerechtigkeit nicht nur in unserer Umgebung, sondern auch in unserem eigenen Herzen! Wir sind beunruhigt durch die wachsende Kluft zwischen reich und arm in unseren Gesellschaften. Wir sehen Zeichen einer Vergötterung von Besitz, Macht und Vergnügen, was Menschen großen Schaden zufügt. In unserer näheren Umgebung gibt es so viele unserer eigenen Freunde und Altersgenossen, die sogar inmitten von immensem materiellen Reichtum unter geistlicher Armut, Einsamkeit und stiller Hoffnungslosigkeit leiden. Gott scheint von der Bildfläche verschwunden zu sein. Es ist beinahe, als beginne eine geistige Wüste, sich über unsere ganze Welt auszubreiten. Es wirkt sich auch auf die jungen Menschen aus, indem es ihnen ihre Hoffnung nimmt und in allzu vielen Fällen sogar ihr Leben selbst.

Doch das ist die Welt, in die ihr hinausgehen und Zeugnis bringen sollt für das Evangelium der Hoffnung, für das Evangelium Jesu Christi und die Verheißung seines Reiches. In den Gleichnissen sagt Jesus uns, dass das Reich friedlich in die Welt kommt, indem es still, aber sicher wächst, wo immer es von Herzen empfangen wird, die für seine Botschaft der Hoffnung und des Heils offen sind. Das Evangelium lehrt uns, dass der Geist Jesu jedem menschlichen Herzen neues Leben bringen und jede Situation – sogar die scheinbar hoffnungsloseste – verwandeln kann. Das ist die Botschaft, die ihr mit euren Altersgenossen teilen sollt: in der Schule, am Arbeitsplatz, in euren Familien, euren Universitäten und euren Gemeinden. Weil Jesus vom Tod erstanden ist, wissen wir, dass er „Worte des ewigen Lebens“ hat (Joh 6,68), dass sein Wort die Macht hat, jedes Herz zu berühren, Böses mit Gutem zu überwinden und die Welt zu verändern und zu erlösen.

II

Liebe junge Freunde, in dieser Generation zählt der Herr auf euch, er zählt auf euch! Er kam in euer Herz am Tag eurer Taufe, schenkte euch seinen Geist am Tag eurer Firmung und stärkt euch ständig durch seine Gegenwart in der Eucharistie, so dass ihr seine Zeugen sein könnt vor der Welt. Seid ihr bereit, ihm euer „Ja“ zu sagen? Seid ihr bereit? Danke. Sicher? Man müsste mit dem Herzen sprechen, spontan. Aber ich habe Schwierigkeiten, ich kann nicht gut Englisch. Ja, ja – aber wenn ihr das wünscht, dann kann ich spontan einige Sachen sagen. Soll ich weitermachen? Aber ich werde auf Italienisch sprechen. Können Sie übersetzen? Danke.

Italienisch: Ich habe sehr stark mitgefühlt, was Marina gesagt hat. Ihr Konflikt in ihrem Leben – wie soll sie in ihrem religiösen Leben weitermachen (soll sie Ordensfrau werden oder im Laienstand bleiben, Anm.d.Übs.)? Welche Straße soll sie wählen? Es ist ein offensichtlicher Konflikt. Was soll Marina machen oder andere, die sich dieselbe Frage stellen? Auch ich habe mir selbst diese Frage gestellt. Welche Straße soll ich nehmen? Aber du brauchst dir diese Frage gar nicht zu stellen! Das muss der Herr für dich entscheiden. Es ist das Gebet, dass die Jugendlichen beten sollten: Herr, was willst du für mich? Mit dem Gebet können die Jugendlichen, Laien, Bischöfe, Schwestern, Familien, auch der Papst selbst einen Rat erfragen.

Beten wir:
„Herr, was willst du im Leben für mich?“
„Herr, was willst du im Leben für mich?“
„Herr, was willst du im Leben für mich?“

„Ich werde mich um Heiligsprechungen kümmern“

Ich bin sicher, dass der Herr euch zuhören wird. Auch dir, Marina, und auch all den anderen. Entschuldigung, denn die Frage hatte May und nicht Marina gestellt.

May hat auch von anderen Themen gesprochen: von den Heiligen, den Zeugen. Sie erzählte von Trauer und von Nostalgie in ihrem Land (Kambodscha, Anm.d.Übs; die Fragestellerin hatte den Papst gebeten, den unter Pol Pot Verfolgten und Getöteten, unter ihnen viele Katholiken, Gerechtigkeit widerfahren zu lassen). Es gibt viele Heilige dort, aber die Kirche hat viele von ihnen noch nicht anerkannt – noch nicht selig- und noch nicht heiliggesprochen. Und ich danke dir für diese Frage, denn wenn ich nach Hause komme, werde ich mich darum kümmern! Es gib einen Beauftragten namens Angelo – ein schöner Name –, und wir werden uns darum kümmern, eine Anfrage für die Heiligsprechungen zu starten! (Verantwortlicher der Heiligenkongregation ist Kardinal Angelo Amato, Anm.d.Übs.)

Soll ich aufhören? Noch ein wenig weitermachen? Na gut.

„Gibt es etwa zwei Koreas?“ Beten für die Einheit

Kommen wir nun zu Marina. Sie hat Fragen zum Glücklichsein gestellt. Man kann das Gefühl des Glücklichseins nicht kaufen. Und vor allem das Glück der Liebe, diese Art von Glücklichsein, die andauernd ist. Die Straße der Liebe ist jedoch einfach: Liebe Gott und liebe deinen Bruder, liebe deinen Nächsten, liebe denjenigen, der es braucht. Wenn du deinen Nächsten liebst, wenn du keinen Hass in deinem Herzen trägst, dann liebst du auch den Herrn, da bin ich sicher!

Es war auch eine schmerzvolle Frage dabei, aber danke für die Frage! Die zwei Koreas, die getrennten, die schmerzhafte Trennung von zwei Teilen. Gibt es denn zwei Koreas? Aber nein, es gibt nur eines. Aber die Familie ist gespalten, und darum gibt es Schmerz. Ich werde euch zwei Sachen sagen. Zuerst einen Rat, und dann eine Hoffnung. Zuerst: Ich rate dir zu beten. Beten für unser Brüder im Norden. Wir sind eine Familie, Herr. Hilf uns, uns zu vereinen! Du kannst dies tun! Wir sind eine Familie von Brüdern, und jetzt lade ich euch ein nach der Übersetzung gemeinsam mit mir für die Einheit von Korea zu beten.

Ruhe, wir beten nun. (Alle beten im Stillen für eine Vereinigung von Nord und Südkorea)

Und jetzt die Hoffnung: Was ist die Hoffnung? Es gibt viel Hoffnung, aber eine besonders schöne. Ihr sprecht dieselbe Sprache in Nord- und Südkorea, ihr seid eine Familie. Als Josefs Brüder nach Ägypten gefahren sind, um dort Essen zu kaufen, haben sie ihren Bruder dort gefunden. Und warum? Weil sie dieselbe Sprache gesprochen haben. Ihr sprecht auch dieselbe Sprache, und wenn man dieselbe Sprache spricht, dann gibt es eine Hoffnung für die Menschen!

„Das Fest für die Sünder fällt noch größer aus“

Hier haben wir einen schönen Sketch gesehen, das Gleichnis des verlorenen Sohnes. Der eine Sohn, der gegangen ist, der das Geld ausgegeben hatte, der seinen Vater und die Familie betrogen hatte. Er ist demütig zurückgekehrt, nachdem er alles verloren hatte. Doch wie sollte er um Vergebung bitten? Das Evangelium sagt, dass der Vater ihn schon von weitem kommen sah. Und warum? Weil er ihn jeden Tag suchte und jeden Tag von der Terrasse blickte. Er hat ihn nicht ausreden lassen, der Sohn konnte nicht mal um Vergebung bitten, weil der Vater so glücklich über seine Rückkehr war. Er hat ein Fest für ihn gegeben! Auch wenn er ein Sünder ist, so wird das Fest groß ausfallen! Denn das Fest ist umso größer, wenn ein Sünder nach Hause kehrt.

Niemand weiß, was uns im Leben noch erwartet. Wir sind dazu fähig, schreckliche und hässliche Dinge zu tun. Aber zurückkehren, zurückkehren ist das Wort. Zurück nach Hause gehen, zurück zum Vater, denn das Fest wird für die Sünder noch größer ausfallen. Das macht mich glücklich, denn Gott wird nie müde zu vergeben oder zu warten.

Betet viel in eurem Leben und arbeitet, arbeitet für die anderen, für die Armen.

(Englisch:) Nun ist es Zeit für mich, zu gehen. Ich freue mich darauf, euch in diesen Tagen zu sehen und wieder zu euch zu sprechen, wenn wir uns am Sonntag zur heiligen Messe versammeln. Für jetzt lasst uns dem Herrn danken für den Segen dieser gemeinsamen Zeit und ihn bitten um die Kraft, treue und frohe Zeugen seiner Liebe überall in Asien und in der ganzen Welt zu sein.

Möge Maria, unsere Mutter, über euch wachen und euch immer in der Nähe Jesu, ihres Sohnes bewahren. Und auch der heilige Johannes Paul II., der die Weltjugendtage eingeführt hat, sei euch vom Himmel aus ein ständiger Begleiter. In großer Liebe erteile ich euch meinen Segen.

Und bitte, vergesst nicht für mich zu beten!

(rv 15.08.2014 no)








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