Der Sondergesandte
von Papst Franziskus für den Irak ist aus Rom abgereist. Kardinal Fernando Filoni,
früherer Nuntius in Bagdad und jetzt Leiter der vatikanischen Missionskongregation,
landete am Dienstag in Amman, der jordanischen Hauptstadt, und ist von dort jetzt
unterwegs nach Erbil im Nordirak. In der Region will er den Flüchtlingen vor der IS-Terrormiliz
die Nähe des Papstes versichern. Hunderttausende von Christen und Jesiden sind aus
dem Terror-Kalifat geflohen, die meisten in den kurdischen Norden.
„Es
gibt aber noch eine andere Kategorie von Opfern, von denen man wenig spricht: Das
sind die kurdischen Schiiten. Auch sie sind angegriffen und vertrieben worden. Das
ist eine weitere, kleine Minderheit.“
Der da spricht, ist Jean Benjamin
Sleiman, Lateinischer Erzbischof von Bagdad. Er beobachtet die Wirren im Norden von
der Hauptstadt aus mit einer Mischung aus Fassungslosigkeit und Resignation.
„Die
neuesten Nachrichten unterscheiden sich ja nicht sehr von den ältesten. Das Entscheidende
ist, dass diese vielen Christen und auch Nichtchristen alles verloren haben, und dass
viele Flüchtlinge noch nicht einmal eine neue Unterkunft haben. Zwar haben wir jetzt
einen neuen Premierminister und hoffen, dass er imstande sein wird, eine Regierung
auf die Beine zu stellen, die alle repräsentiert – aber all das ist von einer gewissen
Angst begleitet. Die Panik ist immer da.“
„Stoppt diesen Bulldozer!“ In
unserem Interview mit Erzbischof Sleiman kommen wir natürlich auch auf die fortdauernden
US-Bombardements im Nordirak zu sprechen. Ob das jetzt nicht eine komplizierte Lage
sei?, wollen wir wissen. Seine Antwort:
„Wir sind alle Kinder der Kirche.
Wir haben einen Papst gehabt, der gesagt hat: Wenn ihr Krieg gegen die Menschheit
führt, führt ihr auch Krieg gegen Gott. So ähnlich hat das Johannes Paul II., jetzt
ein Heiliger, formuliert. Verstecken wir uns doch nicht hinter dem politisch Korrekten:
Das Problem kommt nicht von hier, es rührt vom Westen her! Stoppt diesen Bulldozer,
der den ganzen Nahen Osten verändern will! Das ist ein Projekt wie Babel, wie der
Turmbau zu Babel, es wird alles mit Trümmern enden, menschlichen, Länderntrümmern,
zertrümmerten Gemeinschaften. Verstecken wir uns nicht: Das Problem rührt von einer
bestimmten internationalen Politik her. Scheinbar ist es ein schiitisch-sunnitisches
Problem, und dann christlich-islamisch – aber all das ist doch gar nicht wahr!“
Die
meisten Menschen im Irak wollten einfach nur in Frieden leben, so der Erzbischof von
Bagdad. Leider reichten ein paar Verbohrte, um ein ganzes Land in Krieg zu stürzen.
Und noch etwas will uns der Erzbischof von Bagdad sagen:
„Dass wir ein Kreuz
tragen! Aber dieses Kreuz ist das Kreuz Christi: Er kann die menschliche Geschichte
ändern. Unsere Geschichte beruht auf einem göttlichen Wunder. Menschlich gesehen sind
wir unfähig und ohnmächtig. Nur von Gott kann die Rettung kommen.“