Türkei: Klarer Wahlsieg von Erdogan war zu erwarten
Der bisherige Regierungschef
Recep Tayyip Erdogan hat die Präsidentschaftswahlen in der Türkei gewonnen und das
beim ersten Wahlgang mit 52 Prozent an diesem Sonntag. Der islamisch-konservative
60-jährige Politiker sorgt immer wieder für Polemiken – vor allem in Europa. Annemarie
Medovic, die bekennende Katholikin und ehemalige aber immer noch aktive Pfarrgemeinderatsvorsitzende
der deutschen katholischen Gemeinde in Istanbul, sah diesen Sieg klar kommen:
„Unsere
religiöse Gemeinde hier ist über 90 Prozent deutsch oder österreichisch und wir haben
hier kein Wahlrecht. Darüber ist nicht viel gesprochen worden, aber es war vorauszusehen,
dass er die Wahl gewinnt.“
In seiner Siegesrede sprach Erdogan von einer
„neuen Ära“, die versöhnlich sein und vor allem zu Aussöhnung mit den Kurden führen
soll. Die Minderheiten haben aber gemischte Gefühle, denn einerseits werde das Religiöse
für den Staat hervorgehoben aber andererseits sehen das viele als eine Bedrohung für
andere Minderheiten. Erdogan will das Land in einem neuen Präsidialsystem weiter nach
islamisch-konservativen Vorstellungen formen:
„Ich denke, dass sich jedoch
nicht viel ändern wird. Die Minderheiten sind meistens zweigeteilt - einige sehen
das ganze sehr positiv, weil er selbst sehr religiös ist, andere sind skeptisch. Es
ist sehr schwer zu sagen, wie sich das Ganze entwickelt."
Erdogan sage
des Öfteren diskriminierende Aussagen - unlängst hat er für Empörungen verursacht
mit der Aussage, man habe ihn einen „zaza“ (Georgier) oder noch „Hässlicheres, nämlich
einen Armenier“ genannt. Gespalten ist auch die alawitische Minderheit, denn viele
befürchten ein Islamisierung. Die katholische Kirche in der Türkei sehe das nicht
so.
„Also die ganze römisch- katholische Kirche, und die evangelische Kirche
sowie Anglikaner sind hier nicht anerkannt, aber trotzdem können wir uns nicht beklagen.
Wir können frei in die Kirche gehen und unsere Gottesdienste feiern. Ich kann frei
sagen, dass ich Christin bin, das wird von öffentlicher Seite nie angeprangert.“
Am
28. August beginnt die Amtszeit des neuen Präsidenten. Der scheidende Präsident Abdullah
Gül, der wie Erdogan zu den Gründern der Regierungspartei AKP gehört, hatte sich auf
eine repräsentative Rolle beschränkt. Schon jetzt gibt die Verfassung dem Präsidenten
allerdings erhebliche Macht. So sind beispielsweise seine Entscheidungen juristisch
nicht anfechtbar. Erdogan wird das zwölfte Staatsoberhaupt der Türkei. Nach fünf Jahren
kann er für eine weitere Amtszeit wiedergewählt werden. Erdogan hat mehrfach deutlich
gemacht, dass er zum 100. Geburtstag der Republik 2023 noch in der Türkei regieren
will.