Mit großer Offenheit
setzt der Vatikan seine diplomatische Aktion für den Irak fort. Am Freitag wurde bekannt,
dass Franziskus Kardinal Fernando Filoni ins Zweistromland schickt; der Sondergesandte
soll sich ein Bild von der Lage der Christenverfolgung durch die IS-Terrormilizen
machen. Doch damit nicht genug. Franziskus plant auch, die Nuntien des Irak und der
umgebenden Regionen zu einem Krisengespräch nach Rom zu rufen. Das hat Vatikansprecher
Federico Lombardi über Radio Vatikan bekannt gegeben.
„Es geht darum, die
Lage zu untersuchen, sich über mögliche Initiativen auszutauschen, Ideen zu sammeln
und auch auf diese Weise die Nähe des Papstes und der Weltkirche zu diesem Krisengebiet
zu bekunden. Dieses Treffen wird wahrscheinlich im September stattfinden.“
Einstweilen
hat das vatikanische Staatssekretariat die Nuntien der Region dazu angehalten, den
Irak-Appell des Papstes vom vergangenen Donnerstag mit besonderem Nachdruck den Regierungen
der jeweiligen Länder vorzulegen. Auch den kirchlichen Autoritäten sollen die Nuntien
den Friedensappell von Papst Franziskus weiterleiten,
„damit eine Bewegung
des Gebets und der Solidarität entsteht. Sie soll der dramatischen Lage unserer Brüder
und Schwestern und aller von dieser Tragödie betroffenen Bevölkerungen entgegenkommen.“
„Von
ihren Wurzeln abgeschnitten“
Die Entsendung von Kardinal Filoni als
Sondergesandtem in den Irak wertet dieser selbst als Zeichen der besonderen Sorge
des Papstes für die Christen im Zweistromland. Im Gespräch mit Radio Vatikan sagte
Filoni:
„Diese Fürsorge des Papstes gilt den leidenden Christen dort.
Sie haben ihre Häuser verlassen und sehen sich vom ihren Wurzeln abgeschnitten, sie
wurden gedemütigt, sie mussten alles zurücklassen und flüchten. Ich hoffe, den Bedürfnissen
so vieler Menschen entgegenkommen zu können. So werde ich gemeinsam mit dem Patriarchen
überlegen, was wir als Weltkirche unternehmen können.“
Er bereite seine
Reise bereits vor, sagte Kardinal Filoni. Den Irak zu erreichen, sei derzeit nicht
einfach, man brauche sich aber „auch nicht mehr als nötig abschrecken zu lassen“.
„Ich werde vor allen Dingen versuchen, die Solidarität und Nähe im Gebet
mitzubringen, auch in den Taten. Und ich bin überzeugt, dass der Heilige Vater mir
vor meiner Abreise genauer sagen wird, was er dieser Bevölkerung vergegenwärtigen
möchte, die ihm sehr am Herzen liegt.“
Dass der chaldäische Patriarch
Sako derzeit von der Gefahr eines Völkermordes an den irakischen Minderheiten, allen
voran den Christen, spricht, kann Filoni durchaus nachvollziehen.
„Patriarch
Sako ist vor Ort und kennt von daher gut alle Aspekte, die unsereinem leider entgehen
können. Die christliche Bevölkerung jenes Gebiets wird leider nicht zum ersten Mal
in die Emigration gezwungen und zu unsäglichem Leid verurteilt. Das begann bereits
vor fast einem Jahrhundert und hat sich seither in der neunzigjährigen Geschichte
des Irak mehrmals wiederholt, als das Territorium aus dem Osmanischen Reich ausgegliedert
und ein unabhängiger Staat wurde wie alle anderen Länder der Region. Es ist also eine
Bevölkerung, die in sich noch viel Leiden trägt, und so verstehe ich den Ausdruck
des Patriarchen gut.“
Kardinal Filoni ist Präfekt der vatikanischen Missionskongregation
und ein erfahrener Diplomat, dem große Fähigkeit zur Deeskalation bescheinigt wird.
Den Irak kennt er gut: Von 2001 bis 2006 wirkte er als Nuntius in Bagdad, erinnert
Vatikansprecher Lombardi.
„Kardinal Filoni war sechs Jahre im Irak, in der
Schlussphase des Regimes von Saddam Hussein, während des Krieges und in den ersten
Folgejahren. Während des Krieges blieb er [auf ausdrücklichen Wunsch von Papst Johannes
Paul II.] treu und mutig in Bagdad, trotz der Bombardierungen; er war praktisch der
einzige ausländische Diplomat, der in dieser Lage ausharrte. Ein Mann, der seine Liebe
zur Bevölkerung des Irak und seiner Region wirklich mit Hingabe bewiesen hat.“