Pater Jaeger zu Nahost-Krise: „Kirche kann keinen Einfluss haben“
Israelische Bomben
auf Gaza, Hamas-Raketen aus Gaza heraus in Richtung Israel: Es ist die Wiederkehr
des Immergleichen, nur jedes Mal noch eine Eskalationsstufe schlimmer. Zum ersten
Mal ist ein Israeli durch eine Mörsergranate der radikalen Hamas ums Leben gekommen.
In der Nähe des Grenzübergangs Erez wurde der Zivilist tödlich getroffen, als er gerade
israelischen Soldaten Lebensmittel bringen wollte.
Die neue Gewalt im Nahen
Osten kommt nur wenige Wochen nach dem Papstbesuch im Heiligen Land, der doch so viele
Hoffnungen auf mehr Frieden und Verständigung in der Region geweckt hatte. Wir sprachen
darüber mit Franziskanerpater David Jaeger von der Kustodie des Heiligen Landes. Prälat
Jaeger ist israelischer Staatsbürger und Katholik, das ist eine seltene Kombination.
Wir fragten ihn, ob der Papstbesuch, ob die Friedensgebete im Vatikan sozusagen „nichts
gebracht“ haben.
„Es konnte doch keiner erwarten, dass die Pilgerreise
des Heiligen Vaters eine politische Rolle haben würde in dem Sinn, dass sie die Region
zu einer friedlichen machen könnte. Der Heilige Vater hat Zeugnis von der Botschaft
des Friedensfürsten, unseres Herrn Jesus Christus, abgelegt – das ist alles, was die
Kirche tun kann! Aber zweifellos haben seine Präsenz und seine Worte Samen des Friedens
in viele Herzen gestreut; wir können nicht wissen, wann diese Samen einmal Frucht
bringen werden. Wir vertrauen nur darauf, dass sie das irgendwann und irgendwie einmal
tun werden.“
Weltlich gesprochen bedeutet das laut Jäger: Als winzige Minderheit
könne die Kirche, wie alle wüssten, keinen Einfluss im Heiligen Land haben.
„Stattdessen
können und sollten Katholiken und Christen generell in Europa und anderen historisch
christlichen Ländern spürbaren Druck auf ihre eigenen Regierungen ausüben, damit diese
weiter all ihren Einfluss einsetzen, um die Sache des Friedens im Heiligen Land voranzubringen
– und in der ganzen Region. Es ist in diesem Sinn, dass das Zeugnis des Heiligen Vaters
sogar auf kurze Sicht sehr wirkungsvoll sein kann.“
Wie stehen die Christen
in der Region angesichts der neuen Gewalt da? Sind sie Teil des Problems oder Teil
der Lösung?
„Christen in der Region sind sicher nicht Teil des Problems!
Aber sind sie Teil der Lösung? Das kommt darauf an: Nicht vor Ort, nicht in politischer
Hinsicht. Wie ich schon gesagt habe: Die Christusgläubigen sind nur eine kleine Minderheit
im Nahen Osten, weit von den Zentren der Macht entfernt. Aber sie können Zeugnis geben
– und das tun sie auch – von Christus, vom Glauben an seinen Sieg über die Sünde und
das Böse. Sie geben auch Zeugnis von Christus, wie man unsere hiesigen Spaltungen
überwindet.“
Im Heiligen Land gibt es sowohl arabisch-sprachige, palästinensische
Christen als auch hebräisch-sprachige jüdische (und nichtjüdische) Christen. Sie alle
haben, betont Pater Jaeger, „loyal Anteil an den Leiden und legitimen Wünschen ihrer
jeweiligen Völker“.
„Und gleichzeitig wissen sie alle, dass ihre Brüderlichkeit
als Christusgläubige sie auf einer unendlich höheren Ebene untereinander verbindet.
So können sie also gemeinsam bezeugen, dass Friede, wirklicher Friede, letztlich vom
Annehmen des Evangeliums kommt, davon, dass man Glied am einen Leib Christi wird.
Die Frohe Botschaft verkünden, Menschen aller Völker lehren und taufen – das ist der
spezifische Weg, auf den die Kirche gesandt ist, der Menschheit den Frieden zu bringen.“