Eine Entwicklungsbank
und einen eigenen Währungsfonds für Schwellenländer: darauf haben sich die sogenannten
Brics-Staaten geeinigt. Die fünf aufstrebenden Volkswirtschaften Brasilien, Russland,
Indien, China und Südafrika tagten zum Gipfel in Brasilien. Ihr Ziel ist mehr Unabhängigkeit
von den westlich dominierten Finanzeinrichtungen. Eine neue Entwicklungsbank mit Sitz
in Shanghai wird entstehen, Indien soll die erste Präsidentschaft übernehmen. Die
Kehrseite des Wirtschaftsbooms in den Schwellenländern gerät leicht aus dem Blick.
Armut ist in allen fünf Brics-Staaten immer noch allgegenwärtig, ja sie nimmt sogar
zu. Vor allem in Indien zeigt eine aktuelle Erhebung die bittere Wahrheit.
Durch
eine Überprüfung der Rangarajan – Kommission, einem Expertengremium unter der Führung
des früheren Gouverneurs der Indischen Zentralbank (Chakravarthi Rangarajan) Indien
wurde die Armutsstatistik korrigiert. Sie besagt, dass jeder dritte Bürger aus Indien
unter dem Existenzminimum lebt. Hundert Millionen Inder mehr als angenommen kämpfen
jeden Tag ums Überleben. Rund 30 Prozent der Bevölkerung sind arm. Der katholische
Ordensmann Vijay Rayarala vom Päpstlichen Institut für die auswärtigen Missionen,
kurz PIME, sieht diese Armut jeden Tag. Pater Rayarala:
„Es gibt Paläste,
Wolkenkratzer auf der einen Seite und daneben Menschen ohne Essen und ohne Wasser.
Und dann essen sie das, was sie unter den Brücken kochen. Wir gehen dorthin um die
armen Menschen zu besuchen und ihnen zu helfen. Die Armut ist erschreckend und so
präsent, vor allem in Großstädten wie Mumbai, wo täglich Immigranten um ihr Leben
kämpfen. Und nebenan leben die Reichen, die die Armen ausnützen und sich auch noch
an ihnen bereichern.“
Kritische Stimmen meinen, die aktuelle Statistik
sei noch immer eine „Verhöhnung der Armen“ und viel zu niedrig angesetzt. Als Armutsschwelle
setzt die Statistik nämlich einen sehr niedrigen Wert an: 32 Rupien auf dem Land und
47 Rupien in der Stadt; das sind umgerechnet knapp 40 beziehungsweise knapp 60 Eurocent.
Wer pro Tag mehr als diese geringe Summe zur Verfügung hat, gilt der Statistik zufolge
nicht als arm.
Viele setzen Hoffnung in die im Mai neu gewählte Regierung
von Premierminister Narendra Modi. Modi gehört eine Hindu-Extremistenpartei an. Pater
Rayarala sagt, Modis Wahlkampfversprechen seien nicht einmal im Ansatz eingelöst.
Es sei aber wohl auch noch zu früh für eine Beurteilung der neuen Regierung in der
größten Demokratie der Welt. Die Kirche hingegen sieht ihre Hauptaufgabe in ihrer
karitativen Funktion:
„Die indische Kirche widmet sich immer den Armen und
gibt die Wörter der Papstes weiter: ‚Die Kirche ist arm und sie lebt für die Armen.‘
Das hat uns Missionaren sehr geholfen und Kraft gegeben, um die weniger Privilegierten
aufzusuchen und ihnen Hoffnung zu schenken.“