2014-07-03 11:31:38

Israel: „Platz für eine ehrliche Trauer“


RealAudioMP3 Taumeln Israel und die besetzten Gebiete in eine neue Gewaltwelle hinein? Wenn man die Nachrichten in diesen Tagen hört, kann man diesen Eindruck bekommen. Unruhen in Ost-Jerusalem, Raketen aus dem Gaza-Streifen in Richtung Israel, Mord an einem jungen Araber, „Rache“-Rufe im Internet. Die neue Angst und Gewalt kam auf nach dem Auffinden der Leichen von drei entführten israelischen Jugendlichen. Aber der deutsche Benediktinerpater Nikodemus Schnabel aus der Dormitio-Abtei von Jerusalem hofft, dass sich die Hass-Spirale jetzt nicht weiterdreht. Die Emotionen seien zwar aufgewühlt, aber nicht bei der breiten Masse, sagte er dem Kölner Domradio.

„Es ist hier nicht so, dass sich Zehntausende durch die Straßen schieben oder dass man das Gefühl hat, jetzt geht gleich alles in die Luft. Die Rhetorik der Politiker wird in den nächsten Tagen wichtig sein. Wenn sie natürlich weiter so machen wie bisher, dann ist das wenig hilfreich! Die Hamas sagt ja: ,Wir sind bereit die Pforten der Hölle zu öffnen‘, oder Netanjahu spricht von den Tätern als ,Tieren in Menschengestalt‘. Wenn verbal entschärft wird und mehr die Trauer im Vordergrund steht, nicht der Rachegedanke, und die besonnenen Kräfte sich durchsetzen, hoffe ich, dass es nicht zu einer Katastrophe kommt.“

Auch seine israelischen Freunde sind entsetzt „über die Rhetorik, über den Missbrauch dieses Leids“, sagt Pater Nikodemus. Wobei er, wie er zugibt, vor allem „eher linkere Israelis“ kennt und nicht so viele Siedler, denn „das sind eher die Leute, die uns Probleme machen“.

„Die Verlierer sind wirklich die Familien dieser drei Jugendlichen, die ermordet wurden. Dass auf dieses Leid so eine Hass-Rhetorik folgt und eine Vergeltungsrhetorik, ist auch zynisch. Es gibt auch Stimmen, die sagen: ,Naja, wer nachts in der Westbank trampt…‘ Das ist natürlich seit den 90er Jahren verboten. Sehr linke Stimmen sagen: ,Unser Mitleid hält sich in Grenzen mit diesen drei Jugendlichen, die natürlich auch aus einer gewissen politischen Richtung kommen.‘ Aber das finde ich dann wieder zynisch! Ich denke, wenn wirklich Menschen ermordet wurden, dann ist einfach Trauer angesagt. Das würde ich mir noch mehr wünschen: Platz für eine ehrliche Trauer, aus der dann Versöhnung erwächst und eben nicht Vergeltung.“

(domradio 03.07.2014 sk)








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