Papst Franziskus stellt, was die Weltwirtschaft angeht, „die richtigen Fragen“ – „wie
das Kind“ im Märchen, „das feststellt, dass der Kaiser nackt ist“. Das schreibt der
britische „Economist“, eine der führenden Wirtschafts- und Finanzzeitungen, an diesem
Montag. Ein Kommentar der Zeitung analysiert das Interview, das Franziskus unlängst
einem spanischen Blatt gegeben hatte. Zwar wirke es „ultraradikal“, wenn der Papst
einen Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Krieg behaupte; an dieser Stelle folge
er Lenin, und hier lasse sich ihm widersprechen. Denker wie Joseph Schumpeter oder
Karl Popper hätten vielmehr festgestellt, „dass der Kapitalismus den Frieden konsolidieren
kann, weil er nicht-gewaltsame Möglichkeiten zur Stillung der Bedürfnisse der Menschen
bietet“.
Trotzdem habe der Papst recht, so der „Economist“: „Franziskus tut
nicht so, als wäre er ein akademischer Philosoph, ein Politik- oder Wirtschaftswissenschaftler;
er ist eine eher intuitive Person, und seine Intuitionen sind häufig fundiert. So
beobachtet er an einigen Orten etwas, was er ‚Götzenkult des Geldes’ nennt, und an
anderen Orten gleichzeitig hungernde Kinder. Und er ist bestürzt über die Jugendarbeitslosigkeit,
die er als Vergeudung menschlichen Talents und menschlicher Energie wertet. Daraus
schließt er, dass die Wirtschafter in etwas versagt haben müssen. Vielleicht bietet
Franziskus nicht alle Antworten oder alle richtigen Diagnosen, aber er stellt die
richtigen Fragen.“ (rv 23.06.2014 sk)