An diesem Dienstag
wählen die syrischen Bürger einen neuen Präsidenten. Vieles deutet daraufhin, dass
sich mitten im syrischen Bürgerkrieg Baschar al Assad wiederwählen lässt. Bilder aus
der Hauptstadt zeigen riesige Plakate von ihm soweit das Auge reicht. Inwieweit die
Wahlen als demokratisch bezeichnet werden können, ist umstritten: In einem Land, in
welchem große Teile gar nicht an der Wahl teilnehmen können und so viele Menschen
geflüchtet sind. Wir haben mit Wolfgang Schwaigert gesprochen. Er unterrichtete Islam
und publizierte Werke im Bereich der orientalischen Kirchen. Schwaigert war das letzte
Mal im Jahr 2011 in Syrien und arbeitet derzeit in Deutschland mit christlichen Flüchtlingen
aus Syrien. 9.000 Wahllokale soll es geben, 15,8 Millionen sind wahlberechtigt, aber
nur in ungefähr 60 Prozent des Staatsgebietes findet die Wahl auch wirklich statt.
„Das
ist eine äußerst komplizierte Angelegenheit. Nur ein kleiner Teil des Landes untersteht
Assad, das heißt die Bereiche, die nicht in Rebellenhand sind. Gewählt werden kann
in Damaskus und in Homs – aber das ist nun ganz zerstört –, in Tartus ganz in Westen
und in Latakia, aber in Aleppo kann nicht gewählt werden. Es ist natürlich sehr schwierig,
wenn man nur die Hälfte seines Landes zur Wahl aufrufen kann und Bombenanschläge gegenwärtig
sind."
Der EU-Rat kritisiert die Wahl und spricht von einer „Parodie der
Demokratie“. Laut Schwaigert will Assad unbedingt diese sogenannte „freie Wahl“ durchboxen.
„Er
würde nicht so wie Gaddafi und Mubarak weggehen und das Land alleine lassen, sondern
er sieht das als eine Angelegenheit, bei der es um freie Wahlen geht. Deswegen findet
die Wahl trotz allem statt. Und die zahlreichen Wähler in Beirut in den syrischen
Botschaften zeigen, dass er das kleinere Übel in der gegenwärtige Situation in Syrien
ist.“
Zwei weitere Kandidaten stehen erstmals seit fünfzig Jahren zur Wahl:
der Geschäftsmann Hasan al-Nuri und der Abgeordnete Maher al-Hadschar. Dennoch sei
hier keine Rede von Demokratie, denn die Wahl im Bürgerkriegsland ist so gut wie entschieden,
sagt Schwaigert.
„Demokratie war in Syrien noch nie ein Thema. Das gab es
noch nie. Es war immer eine Diktatur der Familie von Assad und der Baath-
Partei. Das war immer eine Diktatur. Die zwei Kandidaten, die es auch noch gibt.
Die spielen eigentlich keine Rolle. Er wird sicherlich mit 90 Prozent gewinnen.“
Dennoch
meint Schwaigert, dass die Christen eigentlich immer viele Freiheiten unter der Familie
von Assad hatten.
„Die Christen in Syrien haben unter dem Vater von Baschar
viele Freiheiten gehabt, die es in keinem einzigen islamischen Land gibt. Sie konnten
Gemeindehäuser bauen, sie konnten Kirche bauen. Es war nicht in ihrem Pass vermerkt,
ob sie Christ oder Moslem sind, wie das in Ägypten oder in der Türkei der Fall ist.
Sie konnten ihre Gottesdienste feiern. Die Priester und die Pfarrer mussten nicht
zum Militär gehen.“
Assad ist also nur das „kleinere Übel“, denn er ist
und bleibt ein Diktator. Und bei den Bombenangriffen, werden alle getötet, egal welcher
Religion oder Herkunft ein Opfer hat. Ein Drittel der Christen sind derzeit bereits
geflohen und Schwaigert befürchtet, dass der Krieg dazu führen wird, dass es bald
fast keine Christen mehr in Syrien geben wird. Oder nur noch sehr wenige vereinzelte
Gruppen. Ob die Wahl daran etwas ändern kann?
„Nein, da wird sich nichts
ändern. Der Krieg wird nach wie vor weitergehen.“
Er betont also, dass
es keine Hoffnung auf politischen Wandel geben kann und meint, dass vor allem der
Westen und auch Deutschland reagieren muss. Der UNO zufolge leben drei von vier Syrern
in Armut und seitdem dreijährigen Bürgerkrieg wurden mehr als 160.000 Menschen getötet.
Alle Versuche dem blutigen Konflikt ein Ende zu bereiten sind bis heute gescheitert.