Papst nimmt an Glaubenstreffen der charismatischen Bewegung teil
Papst Franziskus hat
Laienbewegungen in der katholischen Kirche sein Vertrauen ausgesprochen. Als Erzbischof
von Buenos Aires habe er den sogenannten Charismatikern zunächst mit Skepsis gegenübergestanden:
Sie seien ihm wie eine „Samba-Schule“ vorgekommen. Mit der Zeit habe er sie aber
immer mehr schätzen gelernt. Das sagte Franziskus am Sonntagabend bei einem großen
Glaubenstreffen der charismatischen Gemeinschaft „Rinnovamento nello Spirito Santo“
(„Erneuerung im Heiligen Geist“) im römischen Olympiastadion. Dazu waren aus ganz
Italien rund 52.000 Anhänger der Bewegung nach Rom gekommen.
Zum ersten Mal
nahm ein Papst am Jahrestreffen der italienischen Variante der katholischen charismatischen
Bewegung teil. Die Bewegung ist Ende der 60er Jahre in den USA entstanden: unter dem
Eindruck der „pentecostals“, der Pfingstkirchen, wie sie auch Papst Franziskus von
Argentinien her kennt. Zu Beginn der 70er Jahre wurde die italienische charismatische
Bewegung gegründet, in den achtziger Jahren erreichte sie die Anerkennung ihres Statuts
durch die Italienische Bischofskonferenz. Mittlerweile ist die katholische charismatische
Bewegung in 204 Ländern der Welt auf allen Kontinenten verbreitet.
Papst Franziskus
war sichtlich angetan von der Spontaneität der Charismatiker: Er sang eines ihrer
Lieder mit und kniete sich hin, als die 52.000 Menschen im Stadion den Heiligen Geist
auf ihn herabriefen. Das Olympiastadion, in dem sonst die römischen Fußballklubs AS
Roma und Lazio Rom spielen, hatte sich, wie Chef-Charismatiker Salvatore Martinez
formulierte, an diesem Sonntagabend in einen „Open-Air-Abendmahlssaal“ verwandelt.
Franziskus rief die charismatische Bewegung eindringlich zu innerer Einheit auf –
und dazu, sich nicht in „Zöllner des Heiligen Geistes“ oder „Gnaden-Kontrolleure“
zu verwandeln:
„Das ist euer Weg: Evangelisieren, geistliche Ökumene, die
Sorge für die Armen und Bedürftigen und die Aufnahme der Ausgeschlossenen. Und all
das auf der Basis der Anbetung, denn die Basis der charismatischen Erneuerung ist
die Anbetung Gottes.“
„Lauft weg, wenn interne Machtkämpfe ausbrechen!“,
riet der Papst außerdem. Einheit sei kein Selbstzweck, sondern komme vom Heiligen
Geist.
„Sperrt den Heiligen Geist nicht in einen Käfig“
„Und
von wem kommt die Spaltung? Vom Teufel! Die Spaltung kommt vom Teufel! Flüchtet vor
den internen Machtkämpfen, bitte, unter euch soll es so etwas nicht geben!“
Ganz
im Geist seines Apostolischen Schreibens „Evangelii Gaudium“ drängte der Papst die
charismatische Bewegung, „hinauszugehen auf die Straßen, um das Evangelium zu verkünden“.
Die Kirche sei „unterwegs“ geboren, „im Hinausgehen“, am Morgen des Pfingsttages.
„Kommt
den Armen nahe und berührt in ihrem Fleisch das verwundete Fleisch Jesu! Lasst euch
vom Heiligen Geist leiten, aber in Freiheit, sperrt ihn nicht in einen Käfig! In Freiheit!“
Ein
Priester, eine blinde Frau, ein Jugendlicher und eine Familie legten vor dem Papst
und den Anwesenden kurze Zeugnisse über ihren Glaubensweg ab. Franziskus kritisierte
allerdings, dass eine wichtige Gruppe fehle: die Großeltern nämlich. Dabei seien sie
doch „die Versicherung unseres Glaubens“:
„Die alten Leute sind unsere Weisheit,
die Weisheit der Kirche. Und so oft schieben wir sie beiseite!“
In freier
Rede brach der Papst auch eine Lanze für die Familie: In ihr wachse Jesus heran, wachse
„in der Liebe der Ehepartner und im Leben der Kinder.“
„Die Familien sind
eine Hauskirche. Natürlich sind die Eheleute Sünder wie wir alle, aber sie wollen
vorangehen im Glauben, in ihrer Fruchtbarkeit, in den Kindern und im Glauben der Kinder.
Der Herr segne die Familie und mache sie stark in dieser Krise, in der der Teufel
sie zerstören will!“
„Jugend ist dazu da, dass man sie riskiert“
Den
Priestern – über tausend waren im Olympiastadion mit dabei – riet der Papst zur Nähe
zu Jesus und, damit einhergehend, Nähe zu den Menschen. An Jugendliche gewandt formulierte
er, Jugend müsse „auf Großes wetten“, man dürfe „seine Jugend nicht in einen Safe
sperren“:
„Sonst wird diese Jugend alt, im schlimmsten Sinn des Wortes.
Sie wird zu einem Fetzen, zu nichts mehr nütze.– riskiert in gutem Sinn. Und um sie
auf Großes zu verwetten. Jugend ist dazu da, dass man sie gibt, damit andere den Herrn
kennenlernen. Spart eure Jugend nicht für euch selbst auf, sondern geht vorwärts!“
Auch
für Kranke und Behinderte hatte Franziskus ein kurzes Wort:
„Die Brüder
und Schwestern, die leiden, die krank oder behindert sind, sind gesalbt vom Leiden
Jesu; sie werden Jesus ähnlich im schwierigen Moment seines Kreuzes. Diese Salbung
durch das Leiden tragen sie für die ganze Kirche.“
Zum Schluss der Feierstunde
lud der Papst die charismatische Bewegung ein, im Jahr 2017 ihr Jubiläum an Pfingsten
mit ihm auf dem Petersplatz zu feiern. Das Jahrestreffen der italienischen Charismatiker
endet an diesem Montagabend. Motto dieses Treffens war: „Bekehrt euch. Glaubt. Empfangt
den Heiligen Geist. Für eine Kirche im missionarischen Aufbruch“.