Türkei: Kundgebungen für Umwandlung der Hagia-Sophia
Bei einem islamischen Gebetstreffen am Rande der Kundgebungen in Istanbul wurde dafür
plädiert, dass das Hagia-Sophia-Museum wieder in eine Moschee verwandelt wird. Das
berichtet der Fidesdienst am Wochenende. In einem am ersten Jahrestag der Proteste
des Gezi Parks schwer bewachten Istanbul, sprach der saudische Imam Abdullah Basfar
am Samstagnachmittag vor dem Hagia-Sophia-Museum. Das Gebetstreffen surde von dem
1950 auf Druck islamistischer Gruppen entstandenen „Ausschuss für die Eroberung von
Konstantinopel“ veranstaltet und von der Anatolischen Jugendbewegung unterstützt,
die sich an der islamistischen Linie des 2011 verstorbenen Necmettin Erbakan inspiriert.
„Es ist unsere Pflicht“, so Salih Turhan, Vorsitzender der Anatolischen Jugendbewegung,
„die Hagia-Sophia wieder in ihren vorherigen Zustand zurückzuführen, um die islamische
Vorherrschaft in der Region unter Beweis zu stellen und den Willen des Volkes zu erfüllen“.
Im
derzeitigen schwierigen Kontext der Türkei, steht die antike Basilika der heiligen
Sophia, die 1453 in eine Moschee verwandelt und von Kemal Atatürk 1935 zum Museum
erklärt wurde im Mittelpunkt politischer Manöver derjenigen, die auch in den Reihen
der Regierung auf Zustimmung hoffen, indem Zugeständnisse von symbolischem Wert an
den islamistische geprägten türkischen Nationalismus gemacht werden. Im vergangenen
November hatte auch der einflussreiche stellvertretende türkische Ministerpräsident,
Bulent Arinc öffentlich erklärt, die ehemalige Kultstätte mache auf ihn einen „traurigen“
Eindruck, während dieser Eindruck erneut „freudig“ sein werde, wenn dort erneut muslimische
Gebete stattfinden.
Der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomaios
I., hatte mit Blick auf eine mögliche Umwandlung der christlichen Basilika in eine
Moschee, seine Ablehnung zum Ausdruck gebracht. Wie türkische Beobachter mitteilen,
brachten türkische Intellektuelle und Akademiker – Geschichtswissenschaftler, Architekten
und Journalisten – Mitte Mai eine Unterschriftensammlung auf den Weg, mit der sie
die Öffentlichkeit auf die Frage aufmerksam machen und die historische Unangemessenheit
der nationalistischen Offensive dokumentieren wollen. Im Rahmen der von der „History
Foundation of Turkey“ finanzierten Kampagne solle eine „Plattform für den Schutz des
Kulturerbes“ entstehen, die Missbrauch und Instrumentalisierung des kulturellen Erbes
mit dem Ziel der politischen Propaganda dokumentieren und anprangern soll.