2014-05-31 14:51:22

Regensburg: Die gute katholische Debattenkultur


RealAudioMP3 Der 99. Deutsche Katholikentag in Regensburg biegt in die Zielgerade ein: am Sonntag endet das große Treffen in der Donaustadt. Rund 50.000 Besucher tummelten sich dort bisher, Samstag und Sonntag sind die natürlichen Höhepunkte. Wir haben vor dieser Sendung unsere Kollegin Christine Seuß nach ihren Eindrücken gefragt; sie ist dort am Radio Vatikan-Stand mitten im Geschehen.

„Man hat von Anfang an gemerkt, dass die Menschen wirklich guter Stimmung sind. Es war die ersten Tage sehr regnerisch und kühl und das hat den Katholikentag insofern beeinträchtigt, als die zentraleren Veranstaltungen in geschlossenen Räumen sehr schnell überfüllt waren und die Besucherzahlen der ersten Tage doch deutlich hinter den Erwartungen zurück blieben. Aber man sah und sieht viele lachende Gesichter, kann intensive Gespräche an den einzelnen Ständen und am Rand der Foren und Workshops beobachten und auch selbst führen. Das Programm ist wie immer so voll und so interessant, dass man unmöglich alles besuchen kann, aber die Fülle des Angebots wird von allen als sehr positiv empfunden.“

Welche Themen interessieren die Leute auf dem Katholikentag am meisten? Sind es Streitfragen, ist es Geistliches, also geht es mehr um Meinung oder um das Feiern des katholischen Glaubens?

„Das Programm ist darauf ausgerichtet, jedem Geschmack entgegen zu kommen. Klar ist, dass sich die Veranstalter des Katholikentages mit ihrem Motto – Mit Christus Brücken bauen – ein sehr ehrgeiziges Ziel gesetzt haben. Denn es geht hierbei einerseits um eine Diskussionskultur im katholischen Geist, aber andererseits um ein Heraustreten aus den innerkirchlichen Debatten. Und das bedeutet, den Blick nach draußen zu richten und zu sehen, was können Christen in der Gesellschaft und – warum nicht – in der Politik bewirken? Bundeskanzlerin Merkel und Bundespräsident Gauck waren da, aber auch Kabinettsvertreter haben sich in den Diskussionen kritischen Fragen gestellt. Den Themen sind dabei keine Grenzen gesetzt, aus aktuellem Anlass wurde beispielsweise eine Veranstaltung zum Ukraine-Konflikt und seine Folgen für Europa ins Programm aufgenommen, auch die Kanzlerin ging bei ihrer Rede am Freitag darauf ein. Aber auch nicht dem kirchlichen Kanon entsprechende Lebensentwürfe und der Umgang damit in der Pastoral - Stichwort Wiederverheiratete Geschiedene oder Homosexualität innerhalb der Kirche - wurden diskutiert, genauso wie Inklusion von Menschen mit Handicaps und von gesellschaftlich Benachteiligten. Daneben gibt es natürlich unglaublich viele Gottesdienste mit jeweils eigenen Schwerpunkten, die Möglichkeit zum ständigen Gebet und spirituelle Gespräche – es ist also wirklich für jeden etwas dabei!“

Auch der Schwangeren-Beratungsverein Donum Vitae, der außerhalb der katholischen Kirche steht, durfte trotz anfänglicher Widerstände abermals am Katholikentag teilnehmen. Ist das eigentlich in Regensburg selbst ein großes Thema?

„Der Regensburger Bischof hatte vorher klar gesagt, er wolle Donum Vitae nicht auf dem Katholikentag in seiner Stadt sehen, aber letztendlich wurde das doch geduldet. Und ganz im Sinn des Leitwortes gab es eine Veranstaltung, bei der Kirchenvertreter und Vereinsvertreter miteinander diskutieren konnten. Das ist insofern ein großer Schritt, als tatsächlich doch zumindest gemeinsame Werte formuliert werden konnten. Der Weg zu einer kirchlichen Anerkennung ist damit nicht geebnet, denn dazu sind die Positionen in entscheidenden Fragen zu weit voneinander entfernt. Aber der Gesprächsfaden ist aufgenommen worden, und das ist nach 15 Jahren strikter Trennung schon ein großer Erfolg – wir werden sehen, was eine Fortführung der Diskussion in Leipzig bringen wird.“

Es ist der 99. Katholikentag. Was ist diesmal neu?

„Das Neue und Besondere ist vor allem die sehr intensive Diskussion, die bewusst auch den ganz kontroversen Themen gewidmet wurde. Da ist auch die Gesprächsbereitschaft der Bischöfe, ganz im Sinne des Dialogprozesses, hervorzuheben. Einen besonderen Akzent setzte natürlich auch der Ort, Regensburg. Hier ist die Volksfrömmigkeit bei vielen Menschen noch tief verwurzelt, was eine eigene Dynamik mit sich bringt. Dieses Jahr sind auch besonders viele tschechische Bistümer mit dabei, was den Blick automatisch weitet – Kardinal Duka aus Prag wird dann ja auch beim großen Hauptgottesdienst am Sonntag konzelebrieren. Besonders auffällig ist meines Erachtens aber auch, dass der Papstwechsel tatsächlich insofern einen frischen Wind mit sich gebracht hat, als Franziskus mit seinen Gesten viele Menschen sehr direkt erreicht. In seiner „armen und verbeulten“ Kirche, die sich vor allem um die Menschen am Rande der Gesellschaft kümmern soll, erkennen sich viele Menschen wieder, was sich in einer neuen Begeisterung und einem neuen Enthusiasmus niederschlägt, die doch sehr positiv für die Zukunft der katholischen Kirche hier in Deutschland stimmen.“

(rv 31.05.2014 gs)








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