2014-05-26 12:34:46

Papst an Israels Präsident: „Christen wollen vollberechtigte Bürger sein“


RealAudioMP3 Freier Zugang zu Jerusalems heiligen Stätten und Verzicht auf jede Form von Gewalt und Diskriminierung: Das sind die beiden unumwundenen Bitten, die Papst Franziskus an diesem Montag in Jerusalem an Israels Präsidenten Shimon Peres gerichtet hat. Peres wird im Juni gemeinsam mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in den Vatikan zu einem Friedensgebet kommen, wozu der Papst am Sonntag eingeladen hatte. Neuerlich würdigte Franziskus bei dem Termin am Montag – ein Höflichkeitsbesuch im Präsidentenpalast – Peres als „Mann des Friedens und Friedensstifter“ und drückte ihm seinen Dank und seine Bewunderung aus. Vor dem Hintergrund der jahrzehntelangen Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern wünschte der Papst in seiner Rede vor dem Präsidenten aber auch ausdrücklich, „dass allerseits Initiativen und Taten vermieden werden, die dem erklärten Willen, zu einer wirklichen Übereinkunft zu gelangen, widersprechen“.

„Mit Entschiedenheit muss alles verworfen werden, was sich der Verfolgung des Friedens und eines respektvollen Zusammenlebens von Juden, Christen und Muslimen entgegenstellt: Gewaltanwendung und Terrorismus, jede Art von Diskriminierung aufgrund der Rasse oder der Religion, der Anspruch, den eigenen Gesichtspunkt auf Kosten der Rechte anderer durchzusetzen, Antisemitismus in all seinen möglichen Formen sowie Gewalt oder Äußerungen von Intoleranz gegen jüdische, christliche und muslimische Personen oder Kultstätten.“

Die Christen in Israel – sie sind zum größten Teil Palästinenser - möchten dem Papst zufolge „als vollberechtigte Bürger“ und „von ihrer eigenen Identität her ihren Beitrag zum Gemeinwohl und zum Aufbau des Friedens“ in Israel und Palästina leisten. Der Papst bezog sich dabei wohl zum einen auf die Abschottungspolitik Israels, zum anderen
auf die zunehmenden antichristlichen Akte von Seiten ultraorthodoxer Juden. Die Christen in Israel würde ihrerseits „jeden Extremismus zurückweisen und sich dafür einsetzen, Urheber von Versöhnung und Eintracht zu sein“, so Franziskus.

Franziskus versprach sein Gebet für Israel und den Präsidenten, „und ich weiß, dass auch Sie für mich beten“, so der Papst. Was die Heiligen Stätten in Jerusalem betrifft, sagte Franziskus, sie müssten „ständig in ihrem sakralen Charakter geschützt werden“, weil sie keine Sehenswürdigkeiten seien, sondern Orte der Gemeinschaften der Gläubigen. Und noch eine Bitte:

„Wie schön ist es, wenn die Pilger und die Bewohner freien Zugang zu den heiligen Stätten haben und an den religiösen Feiern teilnehmen können!“

Papst und Präsident sind einander allem Augenschein nach sehr gewogen. Shimon Peres empfing Franziskus mit den Worten, der Papst habe auf seinem Weg nach Jerusalem „Frieden zwischen Juden und Christen gesät“; Franziskus bringe „Kreativität und Phantasie“ mit, was für den Frieden unerlässlich sei. Damit bezog sich Peres wahrscheinlich auf die Einladung in den Vatikan gemeinsam mit Palästinenserpräsident Abbas. Franziskus hatte beide Spitzenpolitiker zum Gebet um Frieden „in sein Haus“ eingeladen. Eine solche Geste war bereits für den Heiliglandbesuch des Papstes geplant, konnte aber aus organisatorischen Gründen nicht stattfinden. Die private Unterredung unter vier Augen zwischen Peres und Franziskus dauerte erheblich länger als vorgesehen und fand in einem außerordentlich herzlichen Klima statt, wie es hieß.

Vor den Ansprachen im Präsidentenpalast gingen Peres und der Papst in den Garten, um gemeinsam ein Olivenbäumchen als Symbol des Friedens zu pflanzen. Bereits Johannes Paul II. und Benedikt XVI. hatten bei ihren jeweiligen Besuchen hier in den Jahren 2000 und 2009 dieselbe Geste gesetzt. Peres zeigte Franziskus das Bäumchen Johannes Pauls, aus dem unterdessen ein stattlicher Baum geworden ist. Ein stattlicher Chor von ganz in weiß gekleideten Kindern verschiedener Glaubensrichtungen sang zu Ehren des Papstes ein flottes „Halleluja“ und zum Abschluss ein getragenes „Shalom".

(rv 26.05.2014 gs)









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