2014-05-25 13:49:22

Der Abendmahlssaal: Jerusalem im Kleinen


RealAudioMP3 Die Abschlussmesse des Papstes in Israel schafft Unruhe, genauer: Der Ort, an dem sie stattfinden soll. Franziskus will an dem Ort mit den Bischöfen des Heiligen Landes Messe feiern, wo vor 2000 Jahren Jesus das letzte Abendmahl feierte. Der Abendmahlssaal liegt aber über einem Raum, in dem seit dem Mittelalter das Grab Davids verehrt wird. Ultraorthodoxe Juden in Jerusalem haben deswegen am Samstag gegen den Besuch von Papst Franziskus protestiert. Sicherheitskräfte und Passanten wurden von etwa 100 Männern bespuckt und mit Essensresten beworfen. Radikale jüdische Gruppen behaupten seit Wochen, der Saal solle der katholischen Kirche übereignet werden, das würde eine Entweihung des Grabes und der Synagoge darin bedeuten.

In direkter Nachbarschaft zu diesem Gebäudekomplex auf dem Zionsberg liegt die deutsche Benediktinerabtei Dormitio. Pater Nikodemus gehört zur Benediktinergemeinschaft dort.

„Es ist ein kritischer Ort. Dieser Gebäudekomplex ist eher ein Wirrwarr von Gebäude-Annexen. Das erschließt sich intuitiv nicht, auch nicht von einer Luftaufnahme aus. Und es sind viele Narrative damit verbunden. Für die Muslime ist es das Grab Davids, es ist ein ursprünglich christliches Narrativ, das dann von den Muslimen übernommen wurde. Es war ja auch 400 Jahre lang in muslimischer Hand und eine muslimische Stiftung. Dann haben 1948 einige jüdische Gruppen das übernommen und auch noch einmal umgebaut. Man kann sagen, dass das ein Krimi ist. Zudem ist es meines Wissens nach der einzige Ort auf der Welt, der drei Religionen heilig ist.
Wenn man das Coenacum heute betritt, dann ist das eine Moschee. Man sieht eine Gebetsnische und eine Predigtkanzel, über dem Saal thront ein Minarett, das ganze Gebäude ist ineinander verwoben.“

Seit 1948 ist der Gebäudekomplex ein Museum, um den konkurrierenden Ansprüchen der Religionen aus dem Weg zu gehen. Gebetet werden durfte, aber keine Gottesdienste wie etwa Messen gefeiert werden. Seit einigen Jahren lockert sich dieser Status Quo.

„Unten beim Davidsgrab haben die Juden eine echte Synagoge eingerichtet, mit Thora-Rollen und dem Gebet von zehn Männern [der Mindestvoraussetzung für einen jüdischen Gottesdienst]. Daraufhin gab es dann die Anfrage von Seiten des Heiligen Stuhles und von Seiten der Franziskaner, diesen Ort als interreligiösen Ort des Gebetes zu nutzen, und zwar spannenderweise für alle Konfessionen, nicht nur römisch-katholisch. Genau das fehlt hier im Land, alles hat einen konfessionellen Stempel, es wäre der einzige Ort, der nicht konfessionell vereinnahmt wäre.“

Papst Franziskus wird der zweite Papst sein, der dort eine Messe feiert, Papst Johannes Paul II. war 2000 der erste. Benedikt XVI. war zwar am Ort, aber ohne dort eine Messe zu feiern.

„Und jetzt kochen die Emotionen hoch, weil einige extremistische Splittergruppen im Judentum sagen ‚Nein, die Christen sind Götzenverehrer und wenn Götzenverehrer dort feiern, dann können wir dort nicht mehr beten. Das bringt im Augenblick sehr viele negative Emotionen. Es ist ein schwieriges Terrain, besonders weil einige Extremisten gerade besonders nervös und aggressiv werden.“

Damit ist der Komplex noch einmal so etwas wie Jerusalem im Kleinen, all die religiösen Probleme und Animositäten, aber auch Möglichkeiten zur Verständigung an einem Ort.

(rv 25.05.2014 ord)








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