Nur drei Tage wird
die Visite von Papst Franziskus im Heiligen Land dauern – sogar nur zwei Tage und
vierzehn Stunden nach offizieller vatikanischer Zählung. Trotzdem nimmt sich Franziskus
dabei Zeit für gleich vier Begegnungen mit dem orthodoxen Patriarchen Bartholomaios.
Überhaupt weist das Reiseprogramm, das an vielen Punkten die deutliche Handschrift
des Papstes selbst trägt, einige Besonderheiten auf.
Klassisch ist der Auftakt
in Amman am Samstag: Hier folgt Franziskus den Vorlagen der drei anderen Päpste, die
bereits Jordanien besucht haben. Eine Messe im Al-Hussein-Stadion hat auch schon Benedikt
XVI. gefeiert. Wie schon 2009 bei Benedikt kommt es auch bei Franziskus nicht zu einem
Extra-Besuch in einem jordanischen Flüchtlingslager; dabei liegt in der jordanischen
Wüste eines der schlimmsten Lager von Flüchtlingen des syrischen Bürgerkrieges, die
es gibt. Immerhin will der Papst einige hundert Flüchtlinge an der Taufstelle Jesu
am Jordan treffen. Sehr auffallend ist auch, dass Franziskus in Amman keine Moschee
besucht: Johannes Paul II. hatte im syrischen Damaskus die Ommayaden-Moschee betreten,
Benedikt XVI. in der Al-Hussein-Bin-Talal-Moschee von Amman eine Grundsatzrede gehalten.
Besonders auffallend im Papst-Programm ist, dass Franziskus erst in die Palästinensergebiete,
konkret nach Betlehem, reist – und dann erst nach Israel. Außerdem wird Palästina
in den Programmtexten ausdrücklich zum Staat aufgewertet, ein Novum gegenüber den
bisherigen Papstreisen. Der Vorrang Betlehems führt dazu, dass Franziskus zur Einreise
nach Israel eigens noch einmal nach Tel Aviv fliegt und dafür einen Umweg von insgesamt
125 km per Hubschrauber in Kauf nimmt. Einfacher wäre es gewesen, der Papst würde
von Betlehem durch die Sperrmauer ins benachbarte Jerusalem weiterfahren – hier knirscht
es im Protokoll-Gebälk.
„Israelische Bedingungen machen Papstreise nach Nazareth
unmöglich“
Gegenüber bisherigen Papstreisen gibt es für Franziskus in Jerusalem
zwei Neuerungen: einen ökumenischen Gottesdienst in der Grabeskirche und – Balsam
für Zionistenherzen – einen Besuch am Grab von Theodor Herzl. Auffallend ist, was
fehlt: keine öffentliche Messfeier in Jerusalem, vor allem. Zu Benedikts Messe zwischen
Ölberg und Felsendom waren 2009 wegen der horrenden Sicherheitsmaßnahmen längst nicht
so viele Christen gekommen wie vorgesehen, daraus hat der Vatikan offenbar seine Schlüsse
gezogen. Und kein interreligiöses Treffen, wie es sowohl Johannes Paul II. 2000 als
auch Benedikt XVI. 2009 durchgeführt hatten. Beide Male hatte ein und derselbe Islamvertreter
die Begegnung mit Hasstiraden gegen Israel zu sprengen versucht – ein drittes Mal
will sich das der Heilige Stuhl ersparen.
Dass Franziskus nicht nach Galiläa
reist, schmerzt viele Christen. „Es hieß doch ‚Jesus von Nazareth’ und nicht ‚Jesus
von Jerusalem’“, sagt sogar ein früherer Sprecher des Lateinischen Patriarchats. Der
Lateinische Patriarchalvikar für Nazareth Giacinto-Boulos Marcuzzo macht dafür Israel
verantwortlich: „Der Staat Israel hat diesmal mehrere Bedingungen gestellt und neue
diplomatische und protokollarische Aspekte eingeführt, darunter den Besuch am Herzl-Grab“,
so Marcuzzo im Gespräch mit ‚Oasis’. „Diese Bedingungen haben viel Zeit vom Papst-Programm
beansprucht, das macht einen Papstbesuch in Nazareth unmöglich und schränkt auch den
pastoralen Aspekt der Reise zugunsten des protokollarischen Aspekts ein.“