Große Vorfreude herrscht unter den Pilgern in Jordanien, wo Franziskus am Samstagmorgen
eintrifft. Das Land rühmt sich gern als Erfolgsmodell des christlich-muslimischen
Dialoges und hofft auch, dass nach dem Papstbesuch wieder mehr Touristen kommen –
ihre Zahl war nämlich mit dem Syrienkrieg in den letzten Jahren zurückgegangen. Überhaupt
hat der blutige Konflikt in Syriens Nachbarland Spuren hinterlassen: 1,3 Millionen
syrische Flüchtlinge halten sich aktuell in Jordanien auf, insgesamt sind es drei
Millionen Flüchtlinge aus der Region. Damit steht Jordanien als Flüchtlingsgastland
derzeit weltweit an dritter Stelle – eine riesige Herausforderung, auch wirtschaftlich.
Lesen Sie hier eine Presseschau vom Vortag der Papstreise von Radio Vatikan in Jordanien.
Vorfreude trotz „langer und anstrengender Reisen“
Die
Zeitung „Jordan Times“ vom 23./24. Mai titelt auf ihrer ersten Seite: „Die jordanischen
Bürger und anderen Gäste warten ungeduldig auf die Teilnahme an der Heiligen Messe
während des Papstbesuches“. Untertitel: „Christen und Muslime kommen aus dem ganzen
Land, um an der Papstmesse teilzunehmen“. In dem Artikel werden Zeugnisse von Jordaniern
– Christen wie Muslimen – wiedergegeben, die in den verschiedenen Landesteilen oder
auch im Ausland leben. Weil viele von ihnen keine Möglichkeit haben, eine Reise nach
Rom zu unternehmen, ist der Papstbesuch für sie eine gute Gelegenheit, um sich Franziskus
einmal näher anzusehen. Auch viele arabische Christen aus der Region und jordanische
Muslime, die sonst im Ausland residieren, reisen extra in ihr Heimatland zurück, um
den Papst zu sehen. Viele von ihnen unternähmen „lange und anstrengende Reisen“, um
am Samstag in Amman sein zu können, schreibt die Zeitung. Darunter seien übrigens
auch gemischte Reisegruppen aus katholischen und orthodoxen Christen.
Wie
sehen die Pilger den argentinischen Papst? Als „Papst der Letzten, Armen und Verletzlichsten“,
ist zu lesen. Viele Christen verstehen den Papstbesuch freilich als Ermutigung, in
Jordanien – einem Land mit muslimischer Mehrheit – die eigene Glaubensidentität zu
akzentuieren. Christen machen in Jordanien nur etwa drei Prozent der Bevölkerung aus.
Für andere wiederum sei der Papstbesuch ein Beweis für die gute Sicherheitslage im
Land, schreibt die Zeitung: Jordanien hat diesbezüglich einen guten Ruf in der Region,
die ansonsten einem Pulverfass gleicht. Eine Infobox auf der Titelseite des Blattes
gibt weiter darüber Auskunft, dass sich 1047 Journalisten aus aller Welt für den Papstbesuch
akkreditiert hätten, um über die drei Hauptmomente der Jordanien-Etappe zu berichten:
das Treffen des Papstes mit Vertretern des jordanischen Königshauses, die große Messe
im Stadion von Amman und die Begegnung mit Flüchtlingen an der Taufstelle Jesu am
Abend desselben Tages.
Jesuskind mit Kufiya
50.000
Menschen werden für die große Messe am Samstagnachmittag mit dem Papst im Internationalen
Stadion von Amman erwartet. Genauso viele Karten seien gratis über alle Gemeinden
im Land verteilt worden, schreibt die katholische Kirche des Landes auf ihrer Webseite.
Für die Messe gelten strenge Regeln, was Öffnungszeiten und die Bewegungsfreiheit
der Pilger angeht. In vielen jordanischen Medien ist das große Bild zu sehen, das
am Samstag hinter dem Altar zu sehen sein wird, wo Franziskus zelebriert. Es handelt
sich um das Gemälde eines palästinensischen Künstlers, 14 mal 6 Meter groß, das die
Szene der Geburt Christi zeigt: Drei Päpste sind dabei um das Jesuskind versammelt
– Paul VI., Johannes Paul II. und Benedikt XVI.. Und Papst Franziskus? Der ist auf
dem Bild als Heiliger Franz von Assisi repräsentiert - so sind alle Nachfolger auf
dem Stuhl Petri im Heiligen Land repräsentiert. Der Heilige Josef trägt auf dem Bild
die traditionelle arabische Kopfbedeckung, eine schwarz-weiß gemusterte Kufiya, die
seit dem Konflikt in Palästina mit dem palästinensischen Volk assoziiert wird. Auch
das Jesuskind ist in ein solches Tuch eingewickelt.
Papstbesuch
zeigt Jordanien als stabiles Land
In vielen Zeitungsartikeln wird
unterstrichen, dass der Papstbesuch die bereits tiefen Beziehungen zwischen Heiligem
Stuhl und Jordanien verstärken werde. Das war in den letzten Tagen von Seiten des
jordanischen Königshauses und von jordanischen Kirchenvertretern mehrfach zu hören.
In einer Pressekonferenz unterstrich der Kommunikationsminister des Landes, Mohammad
Momani, dass der Papstbesuch helfen werde, den Dialog und das Zusammenleben der verschiedenen
Religionen in Jordanien neu zu beleben und zu vertiefen. In diesem Sinne könne der
Papstbesuch, so die Hoffnung, Jordanien der Welt als Ort des Friedens und der Harmonie
präsentieren. Der jordanische Tourismusminister, Nidal Katamine, unterstrich derweil,
dass Jordanien den Besuch auch als wichtige Gelegenheit sieht, um der Welt Jordaniens
reiches religiös-kulturelles Erbe nahezubringen, das für Christen wie Muslime bedeutsam
sei. Allein 10.000 solcher Sehenswürdigkeiten könne man in Jordanien besichtigen.
Abdullahs Bemühen im Nahostkonflikt
Der Papst selbst
hatte in dieser Woche noch einmal betont, dass seine Reise eine „ausschließlich religiöse
Bedeutung“ habe. Die Probleme der Region und die politische Brisanz aller Gesten werden
dennoch immer mitschwingen, das ist klar. König Abdullah II. sprach in dieser Woche
noch über die Syrienkrise und den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern mit
Vertretern der britischen und der US-amerikanischen Regierung. Darüber ist in der
jordanischen Presse am Vortag der Papstreise auch die Rede. Es brauche eine „umfassende
politische Lösung für die Syrienkrise“ und um das Leid der Zivilbevölkerung zu lindern,
hatte der jordanische König Präsident Barack Obama nochmals eingeschärft. Dieser hatte
ihm bereits im Februar finanzielle Hilfen für die Bewältigung der Flüchtlingsströme
nach Jordanien versprochen.
Auch hat Abdullah II. bei seinen Besuchen in dieser
Woche auf mehr Anstrengungen für einen unabhängigen palästinensischen Staat gedrängt
– einen Staat, der auf den Grenzen von 1967 und mit Ostjerusalem als Hauptstadt Wirklichkeit
werden solle. Jordanien werde sein Bemühen fortsetzen, gemeinsam „mit allen Interessengruppen“
zu einer „gerechten, umfassenden und dauerhaften Lösung für die Palästinenserfrage“
zu gelangen - diese sei schließlich „das Kernproblem in der Region“, bekräftigte der
jordanische König bei seiner Reise, die am Donnerstag zu ende ging. Eine Zweistaatenlösung
wird auch vom Heiligen Stuhl favorisiert. Dass solche Fragen aber bei der Papstreise
explizit öffentlich angesprochen werden, ist mehr als unwahrscheinlich.