2014-05-23 12:24:15

Der Wettlauf zum Heiligen Grab


Als Paul VI. vor fünfzig Jahren in Jerusalem einzog, kam er zu Fuß im Gedränge kaum vorwärts. Bei Franziskus, dem vierten Papst der Neuzeit, der Jerusalem besucht, wird das am Sonntagabend ganz anders sein: Die Altstadt wird während seiner Visite zur Geisterstadt, hundert Meter breit wird der Sicherheitskordon um ihn herum, das bedeutet menschenleere Straßen. William Shomali ist der Lateinische Weihbischof von Jerusalem. Er sagt im Gespräch mit Radio Vatikan:

„Das stimmt, die Sicherheitsvorkehrungen hier sind extrem, ich würde sogar sagen übertrieben. Ich verstehe allerdings auch die israelischen Bedenken: Der Papst hat ja einen offenen, ungepanzerten Wagen gewünscht, das ist immer ein Risiko. Das Risiko könnte vor allem von den ultra-orthodoxen jüdischen Extremisten kommen, die dem Papst den Tod wünschen.“

Extrem-nationalreligiöse Juden sind gegen die Visite, sie fürchten vor allem Änderungen am Status des Gebäudes auf dem Zionsberg, in dem sich sowohl das angebliche Grab Davids als auch der angebliche Abendmahlssaal befinden. 15 jüdische Extremisten dürfen sich in den nächsten Tagen auf Anordnung der Polizei nur eingeschränkt bewegen. Beim normalen Israeli auf der Straße trifft der Papstbesuch dagegen auf Gleichgültigkeit. Elektrisiert sind dagegen die Christen, viele von ihnen wollen versuchen, Franziskus in Betlehem zu sehen:

„Wir haben keine Karten mehr für die Papstmesse vom Sonntag auf dem Krippenplatz. Das zeigt, welche Erwartung es nicht nur bei den Katholiken, sondern auch bei den Orthodoxen gibt!“

Den Orthodoxen gilt der Papstbesuch in besonderer Weise: Franziskus trifft in Jerusalem das orthodoxe Ehrenoberhaupt, Patriarch Bartholomaios I. Erstmals in der Geschichte werden die beiden Kirchenführer einen gemeinsamen Gottesdienst in der Grabes- und Auferstehungskirche feiern. Shomali:

„Wir haben nie darüber diskutiert: Wer wird eigentlich als erster das Heilige Grab betreten? Aber wir hoffen, dass sie es wie Johannes und Petrus halten, als sie an das Grab Jesu kamen. Johannes war schneller, ließ aber Petrus als ersten hineingehen. Außerdem: Wer als erster ins Heilige Grab hineingeht, kommt als letzter heraus, denn die Tür ist klein.“

(rv 23.05.2014 sk)








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