Nun ist es offiziell:
am 19. Oktober wird Papst Paul VI. selig gesprochen. Das hat der vatikanische Pressesaal
an diesem Samstag mitgeteilt. Papst Franziskus hat bei einer Audienz den Präfekten
der vatikanischen Kongregation für die Selig- und Heiligsprechungen, Kardinal Angelo
Amato, dazu ermächtigt, die Seligsprechung bekannt zu geben. Die Feier wird auf dem
Petersplatz stattfinden und der Höhepunkt und Abschluss der vatikanischen Bischofssynode
zum Thema Familie sein. Papst Paul VI., der von 1963 bis 1978 amtierte, führte das
von seinem Vorgänger Johannes XXIII. einberufene Zweite Vatikanische Konzil zu Ende
und leitete auch die Umsetzung seiner Beschlüsse ein. Die Bekanntgabe seiner Seligsprechung
so kurz nach der Heiligsprechung von Johannes XXIII. gilt als Indiz dafür, wie sehr
sich Papst Franziskus dem Konzil verpflichtet fühlt.
Die Seligsprechung Giovanni
Battista Montinis – so der Taufname von Paul VI. – erfolgt nach dem geläufigen Prozedere
einschließlich des Nachweises eines Wunders. Zur Heiligsprechung von Johannes XXIII.
hatte Franziskus von dieser Norm abgesehen. Das Wunder, das auf Montinis Fürsprache
eingetreten sein soll, betrifft die medizinisch unerklärliche Heilung eines noch ungeborenen
Kindes von einer unheilbaren Krankheit. Das Verfahren zur Seligsprechung Pauls VI.
war 1993 in seiner Heimatdiözese Brescia eingeleitet worden.
Papst Franziskus
fühlt sich Paul VI. nach eigenen Angaben sehr verbunden. Sein erstes Apostolisches
Schreiben „Evangelii gaudium“, „Die Freude des Evangeliums“, vom vergangenen November
nahm Bezug auf ein entsprechendes Schreiben von Paul VI., der schon 1975 mit „Evangelii
nuntiandi“ auf eine Erneuerung der Kirche durch eine Rückbesinnung auf das Evangelium
gezielt hatte. Außerdem würdigte Franziskus an Paul VI. dessen Mut, nicht mit dem
Strom der Mehrheit zu schwimmen. „Seine Genialität war prophetisch, er hatte den Mut,
sich gegen die Mehrheit zu stellen, die moralische Disziplin zu verteidigen, eine
kulturelle Bremse zu ziehen“, sagte Franziskus in einem Interview mit dem „Corriere
della Sera“. Damit bezog sich Franziskus auf die Lehre zur Weitergabe des menschlichen
Lebens. Paul VI. hatte 1968 mit „Humanae vitae" das Nein der Kirche zur künstlichen
Verhütung festgeschrieben. Aufgrund dieser Enzyklika wird Papst Paul VI. bis heute
als „Pillen-Paul“ verunglimpft.
Giovanni Battista Montini, geboren 1897 in
Concesio bei Brescia, hatte vor seiner Wahl zum Papst Jahrzehntelang als Diplomat
im Vatikan gearbeitet. Er wirkte seit 1922 im Staatssekretariat und wurde 1937 als
Substitut für die inneren Angelegenheiten der Kirche zuständig. In dieser Funktion
half er während des Zweiten Weltkrieges Tausenden Juden und Verfolgten, in Klöstern
und Kirchengebäuden unterzukommen. Montini galt als außerordentlich fähiger und unermüdlicher
Arbeiter. 1954 machte ihn Papst Pius XII. zum Erzbischof von Mailand und ließ ihn
auf diese Weise seelsorgerliche Erfahrung sammeln.
In seinem Pontifikat setzte
Paul VI. in einer schwierigen Umbruchphase die Öffnung der Kirche zur Welt und zum
Dialog hin um. Zugleich vollzog er gegen manche innerkirchlichen Widerstände die Liturgiereform.
Als erster Papst der Neuzeit unternahm er Auslandsreisen: 1964 besuchte er das Heilige
Land, im Jahr darauf hielt er eine Rede vor der UNO in New York. Die umfassendste
Kurienreform des 20. Jahrhunderts geht auf das Konto von Paul VI. Er verzichtete auf
traditionelle päpstliche Statussymbole, löste die Nobelgarde auf und verschenkte die
Tiara. Auch die Abschaffung des Index der verbotenen Bücher 1965 ist ein Werk Paul
VI. Als einziger Papst seines Jahrhunderts hatte Montini Sympathie für zeitgenössische
Kunst. Er starb am 6. August 1978 und liegt in einem schlichten Erdgrab in den Grotten
des Petersdomes bestattet.