Nach monatelangem
Bürgerkrieg im Südsudan haben sich die Gegner nun auf eine Versöhnung geeinigt, zumindest
vor den Medien. Präsident Salva Kiir und sein entmachteter Vizepräsident, Rebellenführer
Riek Machar, trafen sich diesem Freitag in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba.
Das Friedensabkommen sieht unter anderem ein sofortiges Ende der Feindseligkeiten
und die Bildung einer Übergangsregierung vor. Zudem soll der Zugang zu humanitärer
Hilfe für rund eine Million Vertriebene gewährleistet werden. In 30 Tagen wollen sich
Kiir und Machar erneut treffen. Da bereits die letzten Friedensvereinbarungen keinen
Erfolg verzeichneten, bleibt auch hier eine Grundskepsis erhalten.
Wir haben
mit Pater Gregor Schmidt gesprochen. Der Comboni-Missionar lebt seit fünf Jahren im
Südsudan. Er denkt nicht, dass das Friedensabkommen zu einer schnellen Lösung führen
wird.
„Ich glaube, dass in einigen Teilen des Landes die Politiker überhaupt
keinen Einfluss mehr haben. Sie haben keine Ahnung, was da eigentlich passiert. Bei
uns wird von der Bevölkerung selbst aufgerufen, dass die Jugendlichen in den Krieg
ziehen sollen. Die brauchen keine Politiker. Die Bevölkerung mobilisiert sich selbst."
Pater Gregor Schmidt lebt in Old Fangak, einem Dorf im Nordwesten des
Bundesstaates Jonglei, der gewaltreichsten Region im Südsudan. Das Gebiet seiner Pfarrei
in der Diözese Malakal im Nodern des Landes ist so groß wie Nordrhein-Westfalen.
„Ich
kann bestätigten, dass in vielen Gegenden die Menschen schutzlos sind. Es gibt wahrscheinlich
schon über 10.000 Tote. Unser Gebiet ist jedoch nicht von den Kämpfen betroffen, ansonsten
könnten wir unsere Arbeit nicht durchführen. Unser Ort ist ohne Straßenanbindung.
Über 20.000 Flüchtlinge sind bei uns gezählt worden. Der Ort selbst hat eigentlich
nur 3.000 Einwohner."
Die Menschen flüchten, denn sie haben keine Alternative.
Ein aktueller Bericht von Amnesty International verzeichnet unbeschreibliche Gräueltaten
im Südsudan: Schwangere und Kinder werden Opfer von Massenvergewaltigungen, wehrlose
Patienten in Krankhäuser werden erschossen; überdies droht eine Hungersnot. Die Bilder
erinnern an den Völkermord in Ruanda und sorgen nun endlich auch für weltpolitische
Erschütterung.
Regierungstruppen und Rebellen bekämpfen einander seit Dezember
2013. Der Konflikt hat einen ethnischen Hintergrund, der südsudanesischen Präsidenten
Salva Kiir gehört dem Dinka-Stamm an, der 2013 entmachtete Riek Machar der Nuer-Ethnie.
Die Verhältnisse zwischen beiden Gruppen gelten seit Jahren als angespannt.
„Es
ist eine komplizierte Situation. Das betrifft nicht nur Nuer und Dinka. Sondern auch
Nuer untereinander. Das Familien, Sitten sich bekriegen ist eine ganz normale Sache.
Sie fühlen das tiefe Gefühl der ausgleichenden Gerechtigkeit, dass für den Tod eines
Familienmitgliedes jemand anderer sterben muss. Das macht den Konflikt so tragisch.
Jeder hat das Gefühl, er hat das Recht die anderen umzubringen."
Der erst
im Juli 2011 gegründete Südsudan ist der jüngste und gleichzeitig einer der ärmsten
Staaten der Welt. Infolge eines vorhergehenden Bürgerkrieges hatte er sich vom nördlich
gelegenen Sudan abgespalten. Die Menschen sind traumatisiert von all dieser Gewalt
und dem ethnisch motivierten Hass, der über Generationen hinweg geschürt worden sei,
erklärt der Pater. Die jüngste Generation wolle Rache. Der Gruppendruck führe dann
zu diesen unfassbaren Gewaltakten.
Der Hass der Nuer gelte vor allem einem
bestimmten Dinka-Stamm, nämlich jenem, dem der Staatspräsident angehört. Dieser Stamm
hatte bei den Aufständen im Dezember 2013 mehrere Nuer getötet. Pater Schmidt erklärt
die Dynamik, des gegenseitigen Mordens mit einer Art Wettkampf.
„Vor einigen
Wochen ist durch die Rebellen in Bentiu (Anm. d. Redaktion: besetzte Öl-Stadt
der Rebellen) ein Massaker an der Lokalbevölkerung verübt worden. Sie haben hunderte
Zivilisten umgebracht. In dem Flüchtlingslager, wo die Nuer zu finden sind, wurde
dieses Massaker gefeiert. Das ist so, als wenn die eigene Mannschaft ein Tor schießt."
Daraufhin
hätten bewaffnete Jugendliche des Dinka Stammes sich als Zivilisten verkleidet und
das UN-Flüchtlingslager angegriffen, wo die Nuer untergebracht sind. Hunderte Menschen
wurden getötet berichtet der Pater, weil sie wiederum Rache an den Nuer-Flüchtlingen
genommen haben.
Die Kirche habe hier die Aufgabe der Aussöhnung. Kein leichtes
Unterfangen, doch die Nähe der Missionare und dass sie ihre Sprache sprechen, sei
ein Vorteil und schaffe Vertrauen. Sie geben die Hoffnung nicht auf:
„...,dass
Nuer und auch die christlichen Nuer, sich als Familie Gottes mit den Dinka versöhnen
können."