An diesem Mittwoch ist Wahltag in Südafrika: Lange Schlangen bilden sich vor den Wahllokalen,
denn man ist noch immer stolz auf den demokratischen Wandel des Landes und auf das
Recht wählen zu dürfen. Vor genau 20 Jahren, 1994, wurde das erste Mal gewählt, das
rassistische Apartheidsregime wurde abgeschafft und Nelson Mandelas Traum wurde wahr.
Aber
bei allem Stolz ist die Stimmung doch getrübt: Korruption, Arbeitslosigkeit, soziale
Ungerechtigkeit – nach 20 Jahren Demokratie ist der Traum blasser geworden. In einem
Interview mit dem Domradio erzählt Pfarrer Stefan Hippler, Fidei-Donum-Priester mit
dem Arbeitsbereich HIV/AIDS im Erzbistum Kapstadt, warum die Menschen unzufrieden
sind:
„Es sind nicht genug Häuser da. Menschen leben immer noch menschenunwürdig.
Sie haben kein fließendes Wasser. Sie haben Toiletten mit Schubladen, die ein bis
zweimal die Woche geleert werden. Fast 70% der jungen Menschen sind arbeitslos. Es
gibt keine Perspektive."
25 Millionen Menschen können heute zwischen mehr
als 39 Parteien ein neues Parlament und einen neuen Präsidenten wählen. Umfragen
zufolge wird Jacob Zuma und seine Partei, der ANC, der Afrikanischer Nationalkongress
mit rund 60 % der Stimmen gewinnen und weiterhin an der Macht bleiben. Es wäre die
zweite und somit letzte fünfjährige Amtszeit von Zuma und die fünfte für ANC. Die
Partei ANC hat lange Tradition in Südafrika, es war die Partei, die die freien Wahlen
versprochen hatten, die Partei von Nelson Mandela. Viele wählen ANC aus dieser Tradition
heraus, aus historischer Verbundenheit. Es vergehe jedoch kein Tag ohne Korruptionsvorwürfe
gegen den Präsidenten in den Schlagzeilen, wie der Missbrauch von Steuergeldern für
den Ausbau seines privaten Hauses in Nkandla.
„Das ist ein Riesenthema hier.
Hier geht eigentlich nichts mehr ohne Korruption - von dem kleinen Polizisten bis
zum Politiker. Doch leider fehlt die Kultur der Demokratie und so ist eine Gegenreaktion
oft Gewalt."
Mandelas Erben, die sogenannte Freeborn-Generation, die nach
dem Apartheidsregime geboren worden sind und nun das erste Mal wählen können, haben
vor allem ein Problem: die enorme Arbeitslosigkeit, betont Pfarrer Hippler.
„Diese
junge Menschen haben studiert, und jetzt stehen sie da mit all diesen Zertifikaten
und werden nicht angestellt.“
Jeder vierte Südafrikaner ist arbeitslos
und die Kluft zwischen Arm und Reich wird stetig größer. Daher versprechen die Parteien
den Wählern die Sicherung von neuen Jobs. Die Oppositionspartei Demokratische Allianz
(DA) könnte mit leichtem Stimmenzuwachs rechnen. Die jungen Wähler, die Erben Mandelas
versucht der ehemalige Präsident der ANC -Jugendliga mit seiner Partei "Kämpfer für
ökonomische Freiheit" und mit radikalen Forderungen nach einer Umverteilung des Reichtums
für sich zu gewinnen. Mit einem radikalen Politikwechsel wird jedoch nicht gerechnet.