Unser Buchtipp: Eine Frau flieht vor einer Nachricht
David Grossmann:
Eine Frau flieht vor einer Nachricht. Eine Besprechung von Stefan von Kempis Ein
Mann und eine Frau. Sie wandern durch Galiläa und reden über früher. Über ihre Ängste.
Über die Liebe. Über das, was Familien zusammenschweißt, und was sie zerreißt. Ihr
Sohn Ofer nimmt gerade an einer israelischen Militäroperation in den besetzten Gebieten
teil. Das Herumirren durch Galiläa ist für die Eltern eine Therapie – und ein Ausweichen
vor der befürchteten Nachricht, Ofer sei umgekommen.
Ein bewegendes Buch, das
der israelische Schriftsteller D. Grossmann vor einigen Jahren vorgelegt hat. Es setzt
ein mit einer Collage von Stimmen; durch sie entsteht schnell ein starker Sog. Dieser
übersetzt sich dann in den Lauf durch Israels Norden. Nie steht die Erzählung still,
um Luft zu holen, scheinbar zielloses Gehen, Gehen, Weitergehen gibt den Takt vor,
zu dem Geschichten, Gefühle, Verschwiegenes ans Tageslicht drängen. Nein, das ist
kein Roman über den Friedensprozess. Hier geht es um den Menschen. Wer er ist, was
ihn ausmacht, was ihn verletzt. Es geht um das Erinnern: das Festhalten von dem, was
uns entgleitet. Ob Ofer bei der Militäroperation umgekommen ist, lässt der Autor in
der Schwebe. Sein eigener Sohn allerdings starb als israelischer Soldat während seiner
Arbeit am Roman.