Papst an Sri Lankas Kirche: Sauerteig der Versöhnung
Papst Franziskus hat Sri Lankas Kirche ermutigt, in ihrem Land Dialog und Versöhnung
weiter voranzutreiben und sich für soziale Gerechtigkeit einzusetzen. Sri Lankas Bischöfe
waren an diesem Samstag zu ihrem Ad-limina-Besuch im Vatikan; bereits vor wenigen
Monaten hatte der Papst in Rom eine Pilgergruppe aus Sri Lanka empfangen.
Versöhnung
und Aufklärung
Die Schatten des über zwei Jahrzehnte währenden Bürgerkrieges
lasten immer noch schwer auf dem Verhältnis der ethnischen Gruppen. Zwischen 80.000
und 100.000 Menschen kamen in dem Konflikt, der 2009 offiziell für beendet erklärt
worden war, schätzungsweise ums Leben. In dem Inselstaat leben überwiegend buddhistische
Singhalesen und hinduistische Tamilen. Katholiken sind in beiden ethnischen Welten
vertreten. Sie könnten als „Sauerteig“ in der Gesellschaft einen wesentlichen Beitrag
zum Aufbau einer gerechten und friedlichen Gesellschaft leisten, so der Papst laut
Redetext an diesem Samstag.
„Sri Lanka braucht besonders diesen Sauerteig.
Nach vielen Jahren des Kampfes und Blutvergießens, ist der Krieg in eurem Land endlich
zu Ende gegangen. In der Tat ist neue Hoffnung erwacht, weil sich die Menschen nun
darum sorgen, ihr Leben und ihre Gemeinschaften neu aufzubauen.“
Die
Bischöfe hatten in einem Hirtenbrief jüngst zu Versöhnung, zur Achtung der Menschenrechte
und zur Überwindung ethnischer Spannungen in Sri Lanka aufgerufen. In dem von Kardinal
Malcolm Ranjith unterzeichneten Schreiben hatten sie dabei die Regierung und die Opposition
eindringlich dazu aufgerufen, in Sri Lanka endlich einen gemeinsamen Aufklärungs-
und Versöhnungsprozess auf den Weg zu bringen. Papst Franziskus ermutigte Sri Lankas
Kirche, auf diesem Weg weiterzugehen:
„Ich möchte mich euch anschließen
und ein besonderes Wort des Trostes an alle richten, die geliebte Menschen während
des Krieges verloren haben und nicht wissen, was mit ihnen geschah. Einer trage des
anderen Last, wie der heilige Paulus schrieb: Mögen unsere Gemeinschaften, standhaft
im Glauben, denen nahe sein, die trauern und unter den bleibenden Wirkungen des Krieges
leiden.“
In Sri Lankas katholischer Kirche sind sowohl ethnische Singhalesen
und Tamilen vertreten, erinnerte der Papst. Damit könne sie in besonderer Weise ein
Zeichen der Einheit setzen, ja sei ein „lebendes Bild der Einheit“: Beide ethnische
Gruppen legten in Gemeinden, Schulen, Sozialprogrammen und anderen Einrichtungen der
Kirche Zeugnis über ein friedliches Miteinander ab. Über diese Einrichtungen habe
die Kirche zugleich ihr Ohr ganz nah am Volke, fuhr der Papst fort. Sie wisse so genau,
was die Menschen umtreibt und könne bei Spannungen zwischen den Volksgruppen vermitteln.
Soziale Gerechtigkeit unterbindet Gewalt
Explizit
würdigte der Papst in diesem Zusammenhang den Einsatz der Kirche in Sri Lanka für
Bildung, Gesundheitsversorgung und die Armen. Angesichts der aufstrebenden Wirtschaft
des Landes sei vor allem die Fürsorge für die ärmsten und schwächsten Glieder der
Gesellschaft wesentlich, unterstrich Franziskus. Und er griff an dieser Stelle einen
Gedanken aus seinem Apostolischen Schreiben „Evangelii Gaudium“ auf:
„Während
euer Land vom Wirtschaftswachstum profitiert, wird dieses prophetische Zeugnis des
Dienstes und Mitleids umso wichtiger: Es zeigt, dass die Armen nicht vergessen werden
dürfen und Ungleichheit nicht wachsen darf. Euer Dienst und Wirken muss für das Einschließen
aller in die Gesellschaft arbeiten, denn es ist unmöglich, Gewalt zu unterbinden,
denn solange Exklusion und Ungleichheit in der Gesellschaft und zwischen den Menschen
nicht aufgehoben sind, wird es unmöglich sein, Gewalt zu unterbinden.“
Mit
Blick auf wachsenden religiösen Extremismus in Sri Lanka ermutigte der Papst die Bischöfe,
den interreligiösen Dialog und die Ökumene im Land umso stärker voranzutreiben und
ein regelrechtes Netz des Friedens zu bilden. Die Glaubensgemeinschaften dürfe sich
von den Terroristen nicht einschüchtern lassen:
„Taten der Einschüchterung
betreffen auch die katholische Gemeinschaft, und so ist es umso notwendiger, die Leute
in ihrem Glauben zu bestärken. Die Initiativen der Kirche, kleine Gemeinschaften zu
bilden, die auf das Wort Gottes konzentriert sind und das Mitleid des Volkes fördern
sind exemplarische Wege, die Gläubigen der Nähe Christi und seiner Kirche zu versichern.“
Mit
Bezug zur kommenden Weltbischofssynode zur Ehe- und Familienpastoral ging der Papst
auch auf das Thema Familie in Sri Lanka ein. Der Krieg habe in dem Land viele zerrissene
Familien hinterlassen und viele Menschen in die Arbeitslosigkeit gestürzt. Zugleich
nehme die Zahl gemischter Ehen in dem Land zu. Hier habe die Kirche große Herausforderungen
zu bewältigen. Der Einsatz für die Familie komme der ganzen Gesellschaft zugute, fuhr
der Papst fort, hier müsse die Kirche eng mit der Regierung und anderen Religionen
zusammenarbeiten.
Immer mehr Priester
Positiv hob
der Papst die große Zahl der Priesterberufungen in Sri Lanka hervor: Sie sei „ein
großer Segen“ und „Frucht der missionarischen Samen, die vor langer Zeit gesät wurden“,
erinnerte Franziskus an die Geschichte des Christentums in dem Inselstaat. Er rief
hier die Kirche des Landes dazu auf, für eine umfassende und praktisch orientierte
Ausbildung des geistlichen Nachwuchses zu sorgen. Weiter würdigte Franziskus den Beitrag
der Ordensgemeinschaften und der Laien – vor allem in ländlichen Gebieten und im Bereich
der Bildung sei ihr Beitrag nicht zu unterschätzen. (rv 03.05.2014 pr)