Erste Sitzung der Kinderschutzkommission: Transparenz im Kampf gegen Missbrauch
Wie kann die katholische
Weltkirche effektiv weltweit gegen sexuellen Missbrauch vorgehen? Auf diese Frage
soll die neue Kinderschutzkommission Antworten geben, die Papst Franziskus Anfang
Dezember eingerichtet hat. Das bislang achtköpfige Gremium, das Papst und vatikanischen
Einrichtungen Empfehlungen im Bereich des Kinderschutzes geben soll, kam vom 1.-3.
Mai im vatikanischen Gästehaus Santa Marta zu seiner ersten Sitzung zusammen. Auch
der Papst tauschte sich mit den Mitgliedern aus.
Verantwortung und
Transparenz
Papst Franziskus teile die Pläne der Kommission, einen
besonderen Schwerpunkt auf die Rechenschaftspflicht der katholischen Kirche und Transparenz
in ihrem Kampf gegen Missbrauch zu setzen, referierte Kardinal Seán Patrick O'Malley
aus Boston auf einer abschließenden Pressekonferenz an diesem Samstag im Vatikan.
Im Zentrum der ersten Sitzung der Kommission hätten die zukünftigen Aufgaben der Kommission
und neue mögliche Mitglieder gestanden.
„Unsere Diskussionen haben sich
zunächst auf die Natur und die Mission der Kommission und auf weitere neue Mitglieder
konzentriert, um Menschen aus anderen geographischen Gegenden und aus anderen Fachbereichen
einzuschließen. Es wurden viele Vorschläge dazu gemacht, wie unsere Kommission mit
Experten aus verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten kann, die sich um den Schutz
von Kindern und verletzlichen Erwachsenen kümmern.“
Das Gremium setzt klar
auf ein interdisziplinäres und internationales Profil, was sich bereits in den bisherigen
Mitgliedern des Gremiums wiederspiegelt: Neben dem Bostoner Kardinal sitzen in der
Kommission auf Wunsch des Papstes bislang Missbrauchsexperten aus aller Welt, darunter
etwa der deutsche Jesuitenpater Hans Zollner und die Irin Mary Collins, selbst Opfer
von Missbrauch und heute prominente Fürsprecherin für Missbrauchopfer. Weitere Mitglieder
sind Catherine Bonnet aus Frankreich, Sheila Baroness Hollins aus Großbrintannien,
Claudio Papale aus Italien, Hanna Suchocka aus Poeln und der Jesuit Humberto Miguel
Yáñez aus Argentinien.
Keine Einzelfallbehandlung
O’Malley
stellte klar, dass die Kommission „keine individuellen Missbrauchsfälle“ behandeln
werden könne, vielmehr gehe es um Empfehlungen, wie die Kirche ihre Verantwortung
wahrnehmen könne und welche die besten Praktiken im Kampf gegen Missbrauch seien.
Besonderes Augenmerk wolle man auf die Bewusstseinsbildung über die „tragischen Konsequenzen“
von Missbrauch und die „verheerenden Folgen des Nicht-Hinhörens und Nicht-Berichtens
über Verdachtsfälle“ sowie das „Versagen in der Unterstützung von Opfern, Überlebenden
und ihrer Familien“ lenken, führte der Kardinal aus. Mit anderen Worten: Die Kommission
wird auch kein Blatt vor den Mund nehmen, wenn es um Verfehlungen der Kirche im Kampf
gegen Missbrauch geht.
Papst wünscht Autonomie des Gremiums
Auch
wenn noch nicht klar sei, ob die Kommission an ein Vatikandikasterium angegliedert
werde, lege man großen Wert auf eine Zusammenarbeit mit der römischen Kurie, so O’Malley.
Der Papst wünsche sich derweil eine gewisse „Autonomie und Unabhängigkeit“ der Kommission,
so der Kardinal. Bei den Beratungen in Rom seien auch Vertreter des Staatssekretariates,
der Glaubens- und Kleruskongregation, des Pressesaals und der Vatikangendarmerie mit
dabei gewesen. Das Ziel: Voneinander lernen, um Missbrauch so effektiv wie möglich
zu bekämpfen. O’Malley:
„Als Beratungskommission für den Heiligen Vater
werden wir die Ergebnisse unserer Arbeit dem Papst mitteilen. Zeitnah werden wir Initiativen
vorschlagen, um lokale Verantwortung in der ganzen Welt zu ermutigen und die wirkungsvollsten
Praktiken zum Schutz aller Minderjährigen umzusetzen, inklusive Trainings,- Erziehungs-
und Ausbildungsprogramme und konkrete Antworten auf Missbrauch.“
„Das
hätte ich nicht für möglich gehalten“
Direkt zu Beginn seines Referates
drückte der Kardinal allen Missbrauchsopfern im Namen der Kommission Solidarität und
Anteilnahme aus. Er versicherte, dass das Gremium handlungorientiert vorgehen wolle,
umd die Interessen von Kindern wie „verletzlichen Erwachsenen“ – etwa Menschen mit
Behinderung, die häufig auch Opfer von sexuellem Missbrauch werden – zu vertreten.
Mary Collins ergänzte:
„Ich habe den Papst gestern sogar zwei Mal getroffen,
das war sehr positiv. Ich war sehr froh, ihn zu sehen und dass er die gesamte Kommission
getroffen hat. Das hätte ich vor ein Paar Jahren noch nicht für möglich gehalten...
Ich war sehr froh über diese Gelegenheit! Ich kenne so viele Überlebende in der ganzen
Welt, die hoffen und große Erwartungen haben an unsere Kommission. Was ich sagen kann:
Man kann keine konkreten Versprechen machen, aber als Überlebende von Missbrauch kann
ich selbst sagen – ich bin hoffnungsvoll, dass wir etwas erreichen werden.“
Die
Struktur und Ziele der Kommission werden in den Statuten festgeschrieben, die bald
dem Papst zur Approbation vorgelegt werden. Der Papst ist es auch, der letztlich über
die Aufnahme neuer Mitglieder entscheiden muss. Ein weiteres Treffen der Kommission
ist für die nächsten Monate geplant, so O’Malley. Ein Datum dazu gab er aber nicht
bekannt.