2014-05-03 12:59:58

Bericht zur Anti-Folter-Konvention: Vatikan will konstruktive Begegnung


Die UNO-Konvention gegen die Folter hat der Vatikan bereits 2002 ratifiziert, Anfang der kommenden Woche wird er nun erstmalig dem zuständigen Ausschuss der UNO in Genf einen Bericht dazu vorlegen. Seit dem Bericht über Kinderrechte, den der UNO-Ausschuss im Februar über den Vatikan erstellte, ist man aber unsicher, mit welchen Interessen in Genf auf den Vatikan geschaut wird. Der Kinderschutz-Bericht war vielfach von kirchlichen Kreisen als die Realität der Kirche nicht kennend kritisiert worden. An diesem Freitag warnte Vatikansprecher Federico Lombardi vor einer ideologisierten Sichtweise, es sei „nicht selten, dass auch Fragen gestellt werden, die nicht direkt mit dem Text der Konvention zu tun haben“; so sei das etwa im letzten Januar bei der Anhörung des Vatikans im UNO-Kinderschutzkomitee gewesen. „Dazu kommt dann auch oft Druck, den ideologisch ausgerichtete NGOs von außen auf die Komitees ausüben“, erklärt Lombardi.

Vorlegen wird den Bericht der Ständige Beobachter des Vatikan bei den UNO-Einrichtungen in Genf, Erzbischof Silvano Tomasi. Radio Vatikan hat Erzbischof Tomasi gefragt, wie man den unvermeidlichen Angriffen oder Einwänden entgegen treten kann, welche die Debatte von der Folter-Konvention auf eine allgemeine Ebene heben wollten.

„Die Verantwortung des Heiligen Stuhls wird auf zweierlei Weise ausgeübt. Zunächst ist da die gesetzliche Verantwortung, die der Heilige Stuhl auf dem Gebiet des Staates der Vatikanstadt hat und die er wie jede andere Regierung ausübt. Die zweite Weise der Verantwortung hat einen geistlichen Charakter: mit einer Autorität, die auf der besonderen Sendung der Kirche basiert und die die freiwillige Zustimmung der Gläubigen zum katholischen Glauben einbezieht. Die Staaten behalten ja ihre eigene und exklusive Gerichtsbarkeit über ihre katholischen Bürger, zum Beispiel wenn diese Verbrechen begehen. Für viele ist es schwierig zu verstehen, dass das Ausüben von geistlicher Autorität in Mittel und Prinzip unterschieden ist von der Ausübung politischer und juristischer Macht. Weil der Papst Verantwortung für die ganze Kirche hat, glauben sie, dass er über das Verhalten aller Katholiken entscheiden könnte und deswegen über die verdienten Strafen für Mitglieder der Kirche. Die Schlüsselgewalt ist aber nicht wie die Macht der Welt. Die Kirchenmitglieder auf der ganzen Welt sind keine Bürger des Vatikanstaates, sondern Bürger der Länder, in denen sie leben - und in denen sie wie alle anderen auch Rechte und Pflichten haben.“

Der Heilige Stuhl hat am 5. Februar dieses Jahres mit Staunen und Befremden den Bericht der UNO-Kommission zur Kenntnis genommen, in dem es um Vatikan und Kinderrechte geht. Sie haben damals gesagt, dass dieser Bericht den Eindruck mache, er sei schon vor der Anhörung des Vatikan im Januar geschrieben gewesen. Denken Sie, dass so etwas jetzt bei diesem Anti-Folter-Bericht wieder geschehen könnte?

„Am kommenden 5. und 6. Mai wird der Heilige Stuhl seinen Bericht der 52. Sitzung der Experten des Ausschusses vorlegen, wie das auch andere Staaten tun. Es handelt sich dabei um ein normales Verfahren zu einer verbesserten Anwendung der Konvention. Dennoch erscheinen auch bei einer oberflächlichen Lektüre der abschließenden Anmerkungen des Ausschusses für die Anti-Folter Konvention (CAT) über die Berichte der Staaten eine Reihe von Themen, die nur indirekt und durch eine überzogene Interpretation etwas mit dem Text und der Absicht der Konvention zu tun haben. Zum Beispiel wird der sexuelle Missbrauch an Kindern in den Bereich dieser Konvention eingeführt, obwohl es dazu eine eigene Konvention, die Konvention zu den Kinderrechten, gibt. Das ist überflüssig. Das gilt besonders, weil der Originaltext keine Bezüge zu diesen Verbrechen enthält.
Verschiedene Lesarten der Konvention sind möglich. Im Bereich der Vereinten Nationen und der internationalen öffentlichen Kultur finden wir zwei verschiedene Fronten, was einige Grundwerte angeht, welche das Zusammenleben bestimmen. Ich meine zum Beispiel die Verteidigung des Rechtes auf Leben und die Sorge für die Gruppen der Schwächsten in der Gesellschaft. Hier besonders wird der Kontrast der beiden Kulturen sichtbar. Es gibt keinen Zweifel, dass Kinder, die man sterben lässt, eine offensichtliche Form der Folter erfahren. In Kanada zum Beispiel hat man zwischen 2000 und 2011 insgesamt 622 nach einer nicht gelungenen Abtreibung lebend geborene Kinder sterben lassen, im Großbritannien waren es allein 2005 insgesamt 66. Einige Formen von Abtreibung stellen Folter dar, etwa die so genannte „dilation and evacuation“: Der noch lebende Fötus wird zerstückelt, um dann aus dem Uterus gezogen zu werden. Es ist klar, dass wir als Heiliger Stuhl eine Sicht des Menschen haben, die von unserer christlichen Tradition herrührt und aus unserer Wahrnehmung der Wirklichkeit, wie sie aus dem Naturrecht stammt.“

Der Heilige Stuhl hat die Konvention gegen die Folter bereits am 22. Juni 2002 ratifiziert, liefert aber erst jetzt seinen ersten Bericht, mehr als zehn Jahre nach der Unterschrift. Woher kommt diese Verspätung?

„Der Heilige Stuhl nimmt sehr aktiv am internationalen Leben teil. Er liefert seinen Beitrag als Stimme des Gewissens. Er hat keine große Macht oder wirtschaftliche oder militärische Interessen, aber will den Menschen und die grundlegenden Werte verteidigen, welche seine Würde erhalten: Religions- und Meinungsfreiheit, Recht auf Solidarität, Kampf gegen Armut und gegen den Missbrauch von Macht. Deswegen hat er die Konvention gegen die Folter unterzeichnet und ratifiziert. Es hat das für den Vatikanstaat getan vor allem als Zeichen der Zurückweisung jeder Form von Gewalt gegen Menschen.
Die Verzögerung in der Erstellung des Berichts für den Ausschuss der Konvention lässt sich zum Teil dadurch verstehen, dass es keine Aufgabe des Heiligen Stuhls ist, die Prinzipien und die Art und Weise zu handeln, welche die Konvention sanktioniert, zu verteidigen.
Trotzdem kommt der Heilige Stuhl seiner Verpflichtung nach, und das nicht nur formal, sondern in einer konstruktiven Begegnung mit den Experten des Ausschusses. Die Konvention wurde ursprünglich in Erinnerung an den Horror des Zweiten Weltkrieges und im Wunsch verabschiedet, gefangene Menschen vor Befragungsmethoden zu schützen, welche die Würde und Freiheit des Menschen verletzen. Diese Botschaft der Konvention wollen wir durch unsere Teilnahme befördern.“

(rv 03.05.2014 ord)








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