2014-04-15 11:27:31

Ukraine: „Nicht mehr als ein Versuch“


RealAudioMP3 Angesichts der gespannten Lage in der Ostukraine hat Interimspräsident Alexander Turtschinow eine Volksabstimmung über eine Föderalisierung des Landes vorgeschlagen. Hintergrund ist die Forderung prorussischer Aktivisten, im Osten der Ukraine eine autonome Region zu schaffen oder die Ostukraine an Russland anzuschließen. Tutschinow ist offenbar zuversichtlich, dass sich die Mehrheit der Ukrainer bei einem solchen nationalen Referendum für eine unteilbare und geeinte Ukraine aussprechen würde. Ähnlich sieht das der Präsident der Caritas-Spes Ukraine, Weihbischof Stanislaw Szyrokoradiuk. Er glaubt nicht, dass der Ostukraine ein Schicksal wie der Krim droht.

„Nein – weil auf der Krim eine ganz andere Situation besteht. Dort lebten viele, viele Russen. Über 50 Prozent der Bevölkerung auf der Krim hatten einen russischen Pass, und jetzt bekommen viele Ukrainer ebenfalls einen russischen Pass. Das heißt, die Krim war immer sehr pro-russisch, es gab einen großen russischen Einfluss. Aber in der Ost-Ukraine stimmt das nur teilweise. Und deshalb ist diese gleiche Methode nicht mehr als ein Versuch. Russland möchte das alles so machen wie auf der Krim, aber ich glaube, dass das nicht funktioniert. Nur ein Teil der Bevölkerung unterstützt diese Politik. Andere stellen sich gegen Putin und möchten die Unabhängigkeit von Russland.“

Diese Kontraste sorgen in mehreren Städten der Ostukraine immer noch für Spannungen. Nach wie vor halten prorussische Milizionäre Verwaltungsgebäude besetzt und machen anti-ukrainische Stimmung. Immer wieder kommt es dabei zu Scharmützeln zwischen pro-russischen und pro-ukrainischen Lagern in der Bevölkerung. In Kiew wurde am Montagabend ein pro-russischer Präsidentschaftskandidat zusammengeschlagen. Der russische Präsident Wladimir Putin wies derweil erneut den Vorwurf des Westens zurück, dass Russland hinter den separatistischen Unruhen in der Ostukraine stecke. Wie ist zahlenmäßig das aktuelle Stimmungsbild in der ukrainischen Bevölkerung? Dazu Caritas-Präsident Szyrokoradiuk:

„Das Verhältnis ist nicht fifty-fifty. Vielleicht sind es 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung der östlichen und südlichen Ukraine, die zu Russland wollen. Aber über 70 oder sogar 80 Prozent der ukrainischen Bevölkerung möchte nach Europa. Das ist ein großer Erfolg: Erst vor zehn Jahren war es noch umgekehrt. Heute ist der überwiegende Teil der ukrainischen Bevölkerung eine andere.“

Die Caritas habe derzeit in der Ukraine alle Hände voll zu tun, berichtet der Weihbischof weiter. Die Spannungen hätten die Armutsprobleme im Land noch verstärkt.

„Vor allem durch die große Inflation, eine ungewöhnlich große Inflation. Wir haben eine Sozialstation in Kiew. Und besonders jetzt, nach den Protesten auf dem Maidan, ist sie voll. Viele Leute kommen und brauchen einfach Lebensmittel. Wir packen viele Lebensmittelpakete, Kleidung, Schuhe, alles, was gebraucht wird, medizinische Hilfe. Wir bekommen auch Spenden von verschiedenen Wohltätern, kaufen davon Medikamente und verteilen sie in unseren Zentren. Und noch etwas: Viele brauchen jetzt auch psychologische Hilfe. Viele Verletzte und Andere, die diese schwierige Situation erlebt haben, brauchen psychologische Hilfe. Und das wird noch dauern. Ich denke, mindestens noch ein oder zwei Jahre werden die Menschen darauf angewiesen sein.“
(domradio/rv 15.04.2014 pr)







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