2014-04-03 12:25:25

Brasilien: 50 Jahre nach dem Militärputsch


RealAudioMP3 Vor fünfzig Jahren putschten sich Generäle in Brasilien blutig an die Macht. Eine Diktatur begann - weniger brutal zwar als in Argentinien oder Chile, aber ebenfalls mit Folter und Unterdrückung von Dissidenten. Kirchenleute prangerten damals Verstöße gegen die Menschenrechte an; vor allem der Erzbischof von Recife, Dom Helder Camara, kritisierte das Regime. Fünfzig Jahre danach regiert mit Dilma Rousseff eine Frau das Land, die einst als Widerstandskämpferin im Gefängnis saß.

Die Aufarbeitung der Ereignisse von damals dauert bis heute an. So hat die Präsidentin 2012 eine Wahrheitskommission ins Leben gerufen, berichtet Norbert Bolte vom katholischen deutschen Hilfswerk adveniat im Gespräch mit dem domradio.


„An Fakten hat diese Kommission bisher nicht sonderlich viel Neues hervorgebracht, aber sie arbeitet ja noch. Das Meiste ist bekannt, bekommt aber durch die Arbeit dieser Kommission eine neue, größere Öffentlichkeit. Neu dürfte sein, das Ausmaß zu registrieren, in dem die Landbevölkerung Brasiliens in abgelegenen Regionen verfolgt wurde; und vor allem auch, wie die indigene Bevölkerung in dieser Zeit Opfer der Verfolgung wurde.“


Das Interesse an der Aufarbeitung ist vor allem bei den jüngeren Menschen Brasiliens sehr hoch. Bis heute genießen die Täter der Militärdiktatur Straffreiheit. Bolte berichtet, dass Jugendliche Proteste vor den Häusern der Täter veranstalten oder Gedenkveranstaltungen für Ermordete durchführen. Menschenrechte wurden allerdings nicht nur während der Diktatur verletzt: Auch heute gebe es noch große Probleme.


„Die Situation der Menschenrechte in Brasilien ist weiterhin sehr problematisch. Eine sehr unrühmliche Rolle spielt vor allem die Militärpolizei, die sogenannte „policia militar“, die gerade in der Zeit der Militärdiktatur stark aufgestellt war. Ihr allein werden im Bundesstaat Rio jedes Jahr etwa 1.000 Todesfälle zugeschrieben.“


In Deutschland gibt es die Plattform „Nunca mais“: Nie wieder. Diese möchte einen Beitrag dazu leisten, die Vergangenheit aufzuarbeiten. Man wolle zeigen, dass es nicht nur in Brasilien Widerstand gegen die Militärdiktatur gab. Vor allem im Raum Köln und im Ruhrgebiet hätten viele Menschen exilierte Dissidenten aus Brasilien aufgenommen. Heute werde Aktionstage angeboten, die auch die aktuellen Ereignisse in Brasilien in den Blick nehmen.


„Wir möchten mit ein paar Veranstaltungen vor allem in Berlin, im Köln-Bonner Raum und in Frankfurt zeigen, dass Verbrechen wie damals auch heute noch passieren; das die Polizei Menschen entführt oder foltert, sie ermordet, vor allem in den Slums, dass Gewerkschafter, Umweltaktivisten, Angehörige indigener Völker verfolgt werden; dass eine massive Straflosigkeit herrscht; und dass hinsichtlich der Proteste in Brasilien von 2013 eine Kriminalisierung der sozialen Bewegungen stattfindet. Dabei finden sich dort Menschen zusammen, um für ihre sozialen Rechte in der Gesellschaft zu kämpfen.“

(domradio 03.04.2014 fg)








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