Seit dem 28. Februar
hat Köln keinen Erzbischof mehr. Jetzt hat das Domkapitel 270 Katholiken im Erzbistum
gebeten, Vorschläge zu Kardinal Joachim Meisners Nachfolge zu machen. Das Ergebnis:
Namen von mehr als vierzig Priestern und Bischöfen, die als neuer Erzbischof infrage
kommen könnten. Das teilte das Domkapitel am Montag in Köln mit. Von den Angesprochenen
im Erzbistum hätten 203 geantwortet; weitere 351 Menschen hätten dem Domkapitel eine
Stellungnahme zugeleitet. Im Gespräch mit Radio Vatikan kommentiert der Chefredakteur
des Kölner Domradios, Ingo Brüggenjürgen:
„Es ist nicht ganz neu. Das
Ganze hat man auch vorher schon einmal durchgeführt. Es geht einfach darum, dass man
im Erzbistum Köln das Votum des Domkapitels auf breite Füße stellen möchte. Es gibt
nach dem Preußen-Konkordat für das Erzbistum Köln die Möglichkeit, dass das Domkapitel
aus der Liste, die dann aus Rom kommt, eine Auswahl treffen darf – aber es fängt schon
vorher an! Das Domkapitel darf natürlich auch selbst eine entsprechende Liste über
den Nuntius nach Rom schicken.“
Und dafür wollen die Hausherren des Kölner
Doms eine breite Meinungsbildung im Erzbistum. Zusätzlich zu den von ihnen angesprochenen
Katholiken hat auch eine sogenannte „Kölner Kircheninitiative“ dem Domkapitel das
Endergebnis ihrer Befragung mitgeteilt. Die Initiative, die sich für eine größere
Mitbestimmung des Kirchenvolkes bei der Wahl des Erzbischofs einsetzt, hatte eine
Fragebogenaktion durchgeführt, an der 901 Personen teilnahmen. Natürlich sitzen auch
die Domkapitulare selbst nicht „hinter ihren Burgmauern“, so Brüggenjürgen, sondern
sind in ständigem Kontakt mit den Leuten und haben auch selbst Namen für mögliche
Erzbischofs-Kandidaten im Kopf.
„Und aus diesen ganzen Vorschlägen bildet
sich jetzt das Domkapitel eine Meinung, um dann – es sind 15 Domkapitulare in Köln
– drei Leute zu benennen, deren Namen man nach Rom weitergeben wird.“
1989
setzte der damalige Papst Johannes Paul II. gegen Widerstand aus dem Erzbistum Joachim
Meisner als neuen Kölner Erzbischof durch. Bis heute scherzt Meisner, sein Weggang
von Berlin nach Köln sei damals „keine Liebesheirat“ gewesen. Brüggenjürgen zu dem
Streit vor einem Vierteljahrhundert:
„Insgesamt muss man aber sagen, dass
das Domkapitel dadurch, dass es keine Stimme abgegeben hat bzw. sich nicht einigen
konnte, eigentlich das Wahlrecht, das ihm nach den Statuten zusteht, verwirkt hatte,
und dann hat der Heilige Vater damals eingegriffen und Joachim Kardinal Meisner durchgesetzt.
Aber auch schon damals gab es vorher eine entsprechende Befragung – gut, so etwas
kann natürlich theoretisch immer passieren; man hat aber die Statuten noch einmal
angepasst in Köln, um wirklich ganz sauber nach dem Buchstaben des Gesetzes alles
abzuwickeln.“
Der Kirchenhistoriker Norbert Trippen habe vor kurzem in
einem Vortrag darauf hingewiesen, dass es bei der Wahl eines Kölner Erzbischofs im
Lauf der Jahrhunderte „in den seltensten Fällen nach Recht und Gesetz zugegangen“
sei, so Brüggenjürgen.
„Also, ich hoffe mal und gehe davon aus, dass wir
diesmal alles so machen, wie es vorgeschrieben ist. Natürlich könnte der Heilige Vater
theoretisch die Liste so besetzen, dass das Kapitel eigentlich keine Wahl hat… So
schätze ich Franziskus nicht ein. Ich glaube, dass das Kapitel aus Rom eine Liste
bekommen wird, aus dem es eine gute Auswahl treffen kann.“