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jede Woche verzeichnet der lateinische Nachrichtenservice „Nuntii latini“ des deutschsprachigen
Dienstes von Radio Vatikan. Die Unterseite ist damit eine der meistgeklickten auf
der Homepage des päpstlichen Senders. Im April 2014 wird der Dienst – schriftlich
und als Radioversion angeboten - zehn Jahre alt. Gudrun Sailer berichtet.
Verantwortlich
für unsere Nuntii latini ist, weil es dazu eine externe Fachkraft braucht, Gero P.
Weishaupt. Der aus Aachen stammende Priester, Kirchenrechtler und Diözesanrichter
unter anderem im Erzbistum Köln schreibt die Latein-Nachrichten von Radio Vatikan
in seiner Freizeit ehrenamtlich und unentgeltlich – aber natürlich nicht umsonst.
„Liebhaber, Professoren und Schüler nutzen den Dienst. Ich weiß, dass an
Gymnasien an freien Stunden gerne auf die Lateinnachrichten zurückgegriffen wird,
dass man zur Entspannung auch gerne mal neulateinische Texte für die Schüler heranzieht.“
Denn: Nicht nur Kirchenmänner bis weit hinein ins 20. Jahrhundert bedienten
sich der Sprache der alten Römer. Latein kennt zwar heute keine Muttersprachler mehr,
ist aber außerordentlich vielseitig. Ins Lateinische zu übersetzen, gilt als hervorragende
Übung für Sprachgefühl und Logik.
„Es ist wie bei einem Kunstwerk, zumal
die lateinische Sprache auch gewisse Freiheiten lässt, was den Satzbau angeht. Der
Lateiner liebt Nebensätze. Den Umbau von Hauptsätzen in Nebensätzen zu erkennen, die
logischen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sätzen, und das dann umbauen in einen
Nebensatz, sei es zeitlich, kausal, final, das ist für mich wie ein Kunstwerk. Ich
fühle mich als freischaffender Künstler und freue mich diese Arbeit zu leisten.“
Begonnen
hat alles an einem schönen Frühlingstag vor zehn Jahren. Gero Weishaupt studierte
in Rom und arbeitete an der Kurie, und als Priester feierte er hin und wieder die
lateinische Frühmesse morgens um halb acht in der Hauskapelle von Radio Vatikan. Dort
war immer wieder auch eine Ordensfrau aus Vechta im Oldenburgischen zugegen: Schwester
Hilliganda, die damalige Redaktionsassistentin der deutschsprachigen Abteilung von
Radio Vatikan.
„Sie war ganz begeistert von meiner lateinischen Aussprache
und fragte, wo ich das gelernt habe!“
Was der junge Priester nicht wusste:
Schwester Hilliganda Rensing war in jüngeren Jahren Schuldirektorin gewesen – und
Lateinlehrerin. Sie lud Weishaupt kurzerhand ein Stockwerk höher ein.
„Ich
kam in die Redaktion damals, ich vergesse das nie, als ob es gestern gewesen wäre,
ihr saßt alle da in der Redaktion, und auf einmal kam die Frage, ob ich bereit wäre,
für Radio Vatikan, die Homepage der deutschen Redaktion, wöchentlich Lateinnachrichten
zu schreiben. … Sie können selbst wählen, die Texte kürzen, sind da ganz frei.“
Da
sagte Gero Weishaupt ja. Und fing gleich an am nächsten Wochenende an und hat seit
zehn Jahren nicht damit aufgehört. Kurz: Es macht ihm Freude.
„Als Kirchenrechtler
befasse ich mich aber jeden Tag mit lateinischen Texten, die Dokumente aus Rom, die
Sentenzen, die Urteile der Rota Romana, sind ja noch alle auf Latein geschrieben,
aber das ist unabhängig von den Nuntii Latini, die ich rein als Hobby betrachte, als
Freizeitbeschäftigung.“
Spätestens am Samstagabend beginnt Weishaupt mit
der Vorbereitung der wöchentlichen Latein-News. Er setzt sich an den Schreibtisch,
wählt drei nicht zu lange noch zu kurze Nachrichtenmeldungen aus dem Angebot von Radio
Vatikan, die Nachschlagewerke sind in Griffweite: den Stowasser, den Langenscheidt
Das neolateinische Lexikon recentis latinitatis und einige andere. Knifflig wird es
bei Dingen, die auch im neulateinischen Wörterbuch nicht stehen. Dann muss der Priester
kreativ werden.
„Wenn ich überhaupt nichts finde, muss ich eine Umschreibung
finden. Ein Beispiel: Globalisierung. Akzeptiert ist im Lateinischen Globalisatio,
ich meine sogar, dass Papst Benedikt diesen Begriff in seiner Sozialenzyklika gebraucht
hat, aber als von der klassischen Latinität herkommend sträubt sich da etwas in mir.
Also, ich bin Purist und versuche, das zu latinisieren. Dann muss ich schauen, was
genau Globalisierung ist, was man darunter versteht, und versuche das zusammenfassend
zu beschreiben. Globalisatio würde ich umschreiben mit necessitudo, das heißt Beziehung,
inter gentes intercedentes, also Beziehungen, die unter den Völkern bestehen.“
Ist
das Werk vollbracht, dann mailt Gero Weishaupt es immer dienstags in die Redaktion
nach Rom. Dort gelangen die Nuntii Latini auf die Webseite von Radio Vatikan und in
den Newsletter, jede Woche frisch. Weitere Freiwillige – Martin Weibelzahl; Eva Jansen
und andere - sprechen die Latein-Nachrichten ein und schicken sie uns als Audio-Datei.
Da fragt man sich: Woraus ergibt sich eigentlich die korrekte Aussprache für Latein?
„Die
Schulen haben sich darauf verständigt, das klassische Latein zu nutzen, in der Kirche
wird die italienische Aussprache bevorzugt, das ist im Grund eine reine Vorliebe.
Einen Standard gibt es nicht. Das ist eine Konvention, eine Absprache.“
Zehn
Jahre Nuntii Latini von Radio Vatikan – wir gratulieren und sagen Danke, Pardon: „Benigne!“,
bei Gero Weishaupt, unseren Latein-Sprechern und allen, die unseren Latein-Dienst
nutzen.
Pünktlich zum 10. Geburtstag haben wir eine Archivseite für die Nuntii
Latini eingerichtet. Dort finden sich die Latein-Nachrichten von Radio Vatikan nicht
nur jede Woche frisch, sondern auch mehrere Jahre zurückreichend.