2014-03-30 09:03:04

Zehn Jahre Lateinnachrichten bei Radio Vatikan


RealAudioMP3 5.000 bis 10.000 Zugriffe jede Woche verzeichnet der lateinische Nachrichtenservice „Nuntii latini“ des deutschsprachigen Dienstes von Radio Vatikan. Die Unterseite ist damit eine der meistgeklickten auf der Homepage des päpstlichen Senders. Im April 2014 wird der Dienst – schriftlich und als Radioversion angeboten - zehn Jahre alt. Gudrun Sailer berichtet.

Verantwortlich für unsere Nuntii latini ist, weil es dazu eine externe Fachkraft braucht, Gero P. Weishaupt. Der aus Aachen stammende Priester, Kirchenrechtler und Diözesanrichter unter anderem im Erzbistum Köln schreibt die Latein-Nachrichten von Radio Vatikan in seiner Freizeit ehrenamtlich und unentgeltlich – aber natürlich nicht umsonst.

„Liebhaber, Professoren und Schüler nutzen den Dienst. Ich weiß, dass an Gymnasien an freien Stunden gerne auf die Lateinnachrichten zurückgegriffen wird, dass man zur Entspannung auch gerne mal neulateinische Texte für die Schüler heranzieht.“

Denn: Nicht nur Kirchenmänner bis weit hinein ins 20. Jahrhundert bedienten sich der Sprache der alten Römer. Latein kennt zwar heute keine Muttersprachler mehr, ist aber außerordentlich vielseitig. Ins Lateinische zu übersetzen, gilt als hervorragende Übung für Sprachgefühl und Logik.

„Es ist wie bei einem Kunstwerk, zumal die lateinische Sprache auch gewisse Freiheiten lässt, was den Satzbau angeht. Der Lateiner liebt Nebensätze. Den Umbau von Hauptsätzen in Nebensätzen zu erkennen, die logischen Zusammenhänge zwischen den einzelnen Sätzen, und das dann umbauen in einen Nebensatz, sei es zeitlich, kausal, final, das ist für mich wie ein Kunstwerk. Ich fühle mich als freischaffender Künstler und freue mich diese Arbeit zu leisten.“

Begonnen hat alles an einem schönen Frühlingstag vor zehn Jahren. Gero Weishaupt studierte in Rom und arbeitete an der Kurie, und als Priester feierte er hin und wieder die lateinische Frühmesse morgens um halb acht in der Hauskapelle von Radio Vatikan. Dort war immer wieder auch eine Ordensfrau aus Vechta im Oldenburgischen zugegen: Schwester Hilliganda, die damalige Redaktionsassistentin der deutschsprachigen Abteilung von Radio Vatikan.

„Sie war ganz begeistert von meiner lateinischen Aussprache und fragte, wo ich das gelernt habe!“

Was der junge Priester nicht wusste: Schwester Hilliganda Rensing war in jüngeren Jahren Schuldirektorin gewesen – und Lateinlehrerin. Sie lud Weishaupt kurzerhand ein Stockwerk höher ein.

„Ich kam in die Redaktion damals, ich vergesse das nie, als ob es gestern gewesen wäre, ihr saßt alle da in der Redaktion, und auf einmal kam die Frage, ob ich bereit wäre, für Radio Vatikan, die Homepage der deutschen Redaktion, wöchentlich Lateinnachrichten zu schreiben. … Sie können selbst wählen, die Texte kürzen, sind da ganz frei.“

Da sagte Gero Weishaupt ja. Und fing gleich an am nächsten Wochenende an und hat seit zehn Jahren nicht damit aufgehört. Kurz: Es macht ihm Freude.

„Als Kirchenrechtler befasse ich mich aber jeden Tag mit lateinischen Texten, die Dokumente aus Rom, die Sentenzen, die Urteile der Rota Romana, sind ja noch alle auf Latein geschrieben, aber das ist unabhängig von den Nuntii Latini, die ich rein als Hobby betrachte, als Freizeitbeschäftigung.“

Spätestens am Samstagabend beginnt Weishaupt mit der Vorbereitung der wöchentlichen Latein-News. Er setzt sich an den Schreibtisch, wählt drei nicht zu lange noch zu kurze Nachrichtenmeldungen aus dem Angebot von Radio Vatikan, die Nachschlagewerke sind in Griffweite: den Stowasser, den Langenscheidt Das neolateinische Lexikon recentis latinitatis und einige andere. Knifflig wird es bei Dingen, die auch im neulateinischen Wörterbuch nicht stehen. Dann muss der Priester kreativ werden.

„Wenn ich überhaupt nichts finde, muss ich eine Umschreibung finden. Ein Beispiel: Globalisierung. Akzeptiert ist im Lateinischen Globalisatio, ich meine sogar, dass Papst Benedikt diesen Begriff in seiner Sozialenzyklika gebraucht hat, aber als von der klassischen Latinität herkommend sträubt sich da etwas in mir. Also, ich bin Purist und versuche, das zu latinisieren. Dann muss ich schauen, was genau Globalisierung ist, was man darunter versteht, und versuche das zusammenfassend zu beschreiben. Globalisatio würde ich umschreiben mit necessitudo, das heißt Beziehung, inter gentes intercedentes, also Beziehungen, die unter den Völkern bestehen.“

Ist das Werk vollbracht, dann mailt Gero Weishaupt es immer dienstags in die Redaktion nach Rom. Dort gelangen die Nuntii Latini auf die Webseite von Radio Vatikan und in den Newsletter, jede Woche frisch. Weitere Freiwillige – Martin Weibelzahl; Eva Jansen und andere - sprechen die Latein-Nachrichten ein und schicken sie uns als Audio-Datei. Da fragt man sich: Woraus ergibt sich eigentlich die korrekte Aussprache für Latein?

„Die Schulen haben sich darauf verständigt, das klassische Latein zu nutzen, in der Kirche wird die italienische Aussprache bevorzugt, das ist im Grund eine reine Vorliebe. Einen Standard gibt es nicht. Das ist eine Konvention, eine Absprache.“

Zehn Jahre Nuntii Latini von Radio Vatikan – wir gratulieren und sagen Danke, Pardon: „Benigne!“, bei Gero Weishaupt, unseren Latein-Sprechern und allen, die unseren Latein-Dienst nutzen.

Pünktlich zum 10. Geburtstag haben wir eine Archivseite für die Nuntii Latini eingerichtet. Dort finden sich die Latein-Nachrichten von Radio Vatikan nicht nur jede Woche frisch, sondern auch mehrere Jahre zurückreichend.

(rv 28.03.2014 gs)








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