Italien: Bischofskonferenz legt Missbrauchsleitlinien vor
Die Italienische Bischofskonferenz hat ihre endgültigen Leitlinien für den Umgang
mit sexuellem Missbrauch vorgelegt. Das am Freitag veröffentlichte 22-seitige Dokument
regelt das Vorgehen diözesaner Behörden vom ersten Verdacht pädophiler Übergriffe
durch Kleriker bis zu kirchenstrafrechtlichen Sanktionen. Im Blick auf eine Meldung
von Verdachtsfällen an staatliche Behörden sprechen die Leitlinien von einer „moralischen
Pflicht“; dieser Punkt fehlte in einer ersten Fassung vom Mai 2012, was für Kritik
sorgte. Der Vatikan hatte im Mai 2011 die Erarbeitung solcher Leitlinien für alle
nationale Bischofskonferenzen angeordnet.
Neu ist ebenfalls ein Einschub zur
Meldung von Verdachtsfällen an die staatliche Justiz: Demzufolge muss ein Bischof
mutmaßlich übergriffige Kleriker nicht der Polizei melden, hat „jedoch die moralische
Pflicht, zum Gemeinwohl beizutragen“. Auch hindert die Aufnahme kirchenrechtlicher
Ermittlungen einen Kläger in keiner Weise, sich parallel dazu auch an staatliche Behörden
zu wenden. Wenn ein Beschwerdeführer diesen Schritt wählt, hat der Bischof ihm „jede
notwendige geistliche und psychologische Unterstützung zu gewähren, mit aller Sorge
für die Opfer“.
Die italienischen Vorgaben sind in der Frage der Anzeigepflicht
weniger streng als jene der Deutschen Bischofskonferenz. In Deutschland muss ein Bischof
seit der Neufassung der Leitlinien im Jahr 2010 Informationen über Missbrauchsfälle
an die staatlichen Strafverfolgungsbehörden weiterleiten, sobald sich ein Verdacht
nach Gesprächen mit den potenziellen Opfern erhärtet hat. Eine Ausnahme ist nur zulässig,
wenn das Opfer ausdrücklich auf diesen Schritt verzichtet.