Patriarch Twal: Papstreise wird ökumenisch neuen Schwung bringen
Da treffen sich zwei
Brüder: Die ökumenische Begegnung mit Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel
steht im Zentrum der bevorstehenden Papstreise ins Heilige Land. Franziskus ist Nachfolger
des heiligen Petrus, Bartholomaios ist Nachfolger des heiligen Andreas; beide Apostel
waren Brüder. Der Papst und der Patriarch werden sich Ende Mai in Jerusalem treffen;
in der Grabeskirche wollen sie gemeinsam an die historische Begegnung Papst Pauls
VI. mit dem Patriarchen Athenagoras vor genau fünfzig Jahren erinnern. Was kann das
Treffen in ökumenischer Hinsicht bringen? Das wollte Radio Vatikan vom Lateinischen
Patriarchen von Jerusalem, Fouad Twal, wissen.
„Einen neuen Schwung, einen
neuen Aufruf, eine Einladung zur Einheit der Christen! Ich erinnere mich, dass es
1964 große Begeisterung unter allen Christen für diese ökumenische Bewegung gab. Wir
haben seitdem Fortschritte gemacht, doch wir sind getrennt geblieben. Es gibt eine
Einheit, eine Zusammenarbeit auf institutionellem Niveau im Heiligen Land, in Jordanien
und Jerusalem, mit unseren Schulen, Krankenhäusern, der Caritas. Doch die volle Einheit
nach dem Wunsch von Jesus Christus ist noch nicht verwirklicht.“
In Jordanien
will der Papst mehr als 500 syrische Flüchtlingskinder treffen – stellvertretend für
alle syrischen Flüchtlinge, die sich im Land aufhalten. Insgesamt leben in Jordanien
eine Million syrische Flüchtlinge in verschiedenen Flüchtlingslagern. Die Begegnung
des Papstes mit den Kindern in der Kirche von „Bethanien jenseits des Jordan“ sei
ein klares Zeichen der Solidarität, so Twal. Er erinnert an die Gebetswache für Syrien,
die Franziskus im letzten Herbst durchführte:
„Die Syrer halten sich auf
dem gesamten jordanischen Territorium auf, um Arbeit, ein neues Leben und Würde zu
suchen. Beten auch wir für diesen Frieden! Und erinnern wir uns daran, wie der Heilige
Vater sein ,Heer an Gläubigen‘ zum Gebet anhielt und wie er die US- Militärintervention
abwendete, die fast sicher war. Dank des Gebetes vieler Gläubiger hat sie, Gott sei
Dank, nicht stattgefunden.“
Auch palästinensische Flüchtlinge will der
Papst treffen – und zwar die im Flüchtlingslager Dheisheh südlich von Bethlehem, das
seit 1949 besteht. Papst Johannes Paul II. war hier auf seiner Heilig-Land-Reise im
Jahr 2000 eingekehrt. Angesichts der „erniedrigenden“ Lebensbedingungen der Menschen
dort hatte der damalige Papst zu einer „gerechten Lösung“ im israelisch-palästinensischen
Konflikt aufgerufen. Was kann Franziskus‘ Besuch in dieser Hinsicht bewirken? Dazu
Patriarch Twal:
„Wir müssen abwarten, um die Reaktionen in den Zeitungen
und die Stimmen dazu zu hören. Wir sollten keine Vorab-Prognosen machen. Zum Glück
denken alle, dass der Heilige Vater ihr Freund ist. So ist selbstverständlich, dass
jede Ansprache und jedes seiner Worte für mehr Gerechtigkeit, mehr Würde und Zusammenarbeit
indirekt eine politische Dimension haben wird.“
Das detaillierte Programm
der Papstreise hat der Vatikan am Donnerstag veröffentlicht.