2014-03-18 13:02:31

Ukraine/Russland: „Das ist das Ende der Sowjetunion“


RealAudioMP3 Hinter Vladimir Putins Aggression auf der Krim steckt letztlich Angst, und damit geht ein Großmacht-Traum zu Ende, den Moskau in seiner Geschichte immer wieder mal gehegt hat, zuletzt mit der Sowjetunion. So analysiert der Provinzial der Jesuiten in der Ukraine, David Nazar, das Geschehen auf der Krim.

In der Zeitschrift „Popoli“ schreibt Pater Nazar, Putins Vorgehen, das „klar illegal“ sei, schwäche nicht nur die russische Wirtschaft. Es bedeute auch das Aus für Putins langgehegtes Projekt einer Euroasiatischen Union. Diese lasse sich nun einmal ohne die Ukraine nicht auf die Beine stellen, dazu böten Kasachstan, Kirgisien und Weißrussland nicht genug. Russland habe zwar Öl, aber keine diversifizierte Wirtschaft und keine Mittelschicht, so der Jesuit; zehn Prozent der Staatseinnahmen kämen direkt von Gazprom. Die Ukraine sei hingegen der siebtgrößte Stahlproduzent, der sechstgrößte Exporteur von Weizen, der drittgrößte von Mais, sie stelle Autos und Traktoren, Waffen und Flugzeuge her. Vor allem aber verfüge sie über eine breite Mittelschicht und eine starke Arbeiterklasse.

Aus der Sicht des ukrainischen Jesuiten ist die größte Gefahr die Schwäche Putins. Die russischen Streitkräfte seien gar nicht stark genug, um die ganze Ukraine zu besetzen, nur auf der Krim mit ihrem größten russischen Marinestützpunkt finde Putin Rückhalt. Doch auch auf der Krim habe es Demonstrationen gegen ihn gegeben, und es sei gar nicht sicher, dass der russische Präsident wirklich dauerhaft die Hand auf die Halbinsel legen könne. Sicher sei jetzt vor allem eines: „Damit ist die Sowjetunion, deren Untergang Putin als Katastrophe bezeichnet hat, definitiv tot. Auch ihm selbst ist durch die jüngsten Ereignisse klargeworden, dass die Ukraine nicht mehr zu seiner Machtsphäre gehören wird. Eine Union, ob Sowjetunion oder Euroasiatische Union, kann es jetzt nicht mehr geben.“

Pater Nazar denkt in seinem Aufsatz darüber nach, was es bedeutet, dass während der ganzen Revolution auf dem Maidan in Kiew in den letzten Monaten pünktlich zu jeder vollen Stunde gebetet worden sei. „Ich glaube, das Gebet hat in dieser Sache eine wichtige Rolle gespielt“, schreibt er. „Es ist eine Art und Weise, um einen ‚Exorzismus’ gegen eine korrupte Regierung und die Überreste der sowjetischen Mentalität durchzuführen. Es handelt sich um einen ersten Schritt, aber ich glaube, in der Ukraine hat er – zumindest bis jetzt – funktioniert.“ Die „halbe Ukraine“ faste und bete für einen gelingenden Übergangsprozess, so hätten das die Leute schon während der Revolution gehalten.

(la stampa 18.03.2014 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.