Syrien: „Wir sind Flüchtlinge in unseren eigenen Häusern“
Ein trauriges Jubiläum:
Drei Jahre Bürgerkrieg in Syrien. Die bisherige Bilanz sind etwa 140.000 Tote und
mehr als zwei Millionen Flüchtlinge jenseits der Grenzen. Die katholischen Bischöfe
Syriens, die sich letzte Woche im Libanon getroffen haben, erklären sich „solidarisch
mit dem Land, seinem Volk und seiner Regierung“. Wie meinen Sie das mit der Regierung?,
fragten wir den armenisch-katholischen Bischof von Aleppo, Boutros Marayati.
„Wo
ein Volk ist, da ist auch eine Regierung. Wir sagen absichtlich nicht ‚diese Regierung’,
wir sagen aber: Syrien muss regiert werden, ganz gleich, welcher Art die Regierung
ist. Wir sind kein kopfloses Volk, sondern ein Volk mit bestimmten Institutionen.
Was wir bräuchten, wäre eine Übergangsregierung; das geht aber erst, wenn der Terrorismus
aufhört. Das Dringendste ist deswegen erst einmal ein Waffenstillstand. Ohne Waffenstillstand
ist alles nichts.“
Bischof Marayati ist froh über die Hilfe, die Syrien-Flüchtlinge
in den Nachbarländern, etwa im Libanon, erfahren. Aber er fragt: Wer kümmert sich
eigentlich um die Menschen, die nicht geflüchtet sind, sondern die in Syrien bleiben?
„Es
gibt nicht nur Flüchtlinge nach draußen, die jetzt in Zelten leben, sondern es gibt
zum Beispiel auch christliche ‚Flüchtlinge’, die in ihren eigenen Häusern sitzen!
Unsere Gläubigen in Aleppo sind Flüchtlinge, denn sie haben keinen Strom, kein Wasser,
nichts zu essen, und das bei der Kälte. Wir fühlen uns wirklich als Flüchtlinge in
unseren eigenen Häusern! Diese Menschen brauchen oft spezielle Hilfe, vor allem Medizin,
weil es fast keine Ärzte oder Krankenhäuser mehr gibt.“
Die katholische
Caritas hat nach Angaben des Bischofs von Aleppo einen vierfachen Hilfs-Ansatz.
„Zuerst
geht es um Nahrung. Jeden Tag wird in den Kirchen eine warme Suppe ausgegeben. Das
Zweite sind die Schulen: Man muss die Lehrer weiter bezahlen und das Niveau einigermaßen
halten. Das Dritte sind Gesundheitsdienste, Operationen; Medikamente sind sehr teuer,
wir helfen den Kranken und den Opfern von Bomben oder ähnlichem. Und viertens helfen
wir den Leuten, ihre zerstörten Häuser wieder aufzubauen. Unsere Spendengelder werden
nach genauen Kriterien an die Bedürftigsten ausgegeben.“
In Aleppo wüte
der Krieg mittlerweile seit zwei Jahren, und die einstmals so schöne Stadt sei jetzt
eine der am meisten zerstörten.
„Wir sagen den Feinden: Das bringt doch
nichts! Da können wir doch alle nur verlieren, so etwas kann keiner mehr gewinnen!
Warum das Land immer weiter zerstören?“